Von schlaflosen Eulen, Puppen für Jungen und begrabenen Hunden

Die Dezemberausgabe widmet sich der Kinder- und Jugendliteratur, dem deutschsprachigen Film, Heinrich Böll und noch vielem mehr

Von Stefan JägerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefan Jäger

Was haben eine schlaflose Eule, ein Spielzeugtrecker und ein australisches Flüchtlingslager gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel, doch wirft man einen Blick in den ersten Schwerpunkt unserer Dezemberausgabe, dann werden die Bezüge schnell deutlich: Sie alle finden sich in der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur, die sich durch die vielfältigsten Stoffe und Motive auszeichnet. Schon in unserem letzten Schwerpunkt dazu vor zwei Jahren wurde deutlich, dass die Fluchtthematik wohl auch zukünftig eine große Rolle spielen würde. Diese Prognose hat sich im Hinblick auf gegenwärtige Entwicklungen bestätigt, auch wenn es in den entsprechenden Büchern häufig nicht mehr ‚nur‘ um die Flucht an sich geht. Vielmehr thematisieren die Autoren und Illustratoren das Ankommen der Kinder (und Erwachsenen) in einem neuen Land, das oftmals mit Ängsten vor dem Unbekannten und vielerlei anderen Problemen einhergeht. Ziel einiger Bücher ist es deshalb, diese Furcht vor dem Fremden abzubauen, denn „was wir kennen und verstehen, müssen wir nicht fürchten!“, wie es in Nasengruß & Wangenkuss von Anne Kostrzewa und Inka Vigh heißt. Zu beobachten ist, so Jana Mikota in ihrem überblickartigen Essay, dass Politisches einen größeren Raum in der Kinder- und Jugendliteratur einnimmt. Aktuelle gesellschaftliche Debatten und Probleme finden nun direkt – oder über Umwege – Eingang in die Geschichten.

Deutlich wird außerdem, dass traditionellere Themen wie Familie weiterhin wichtig bleiben. Ein eher neues Phänomen im Kinder- und Jugendbuch ist hingegen, dass Geschlechterstereotype stärker hinterfragt werden, beispielsweise in Melanie Laibls Prinzessin Hannibal, in dem der „Prinz“ lieber eine „Prinzessin“ wäre, oder in Puppen sind doch nichts für Jungen! von Ludovic Flamant, in dem der Familienvater auf die Barrikaden geht, als sein Sohn sich anschickt, seine Stoffpuppe in die Schule mitzunehmen. Die Bandbreite ist im Kinder- und Jugendbuch ebenso enorm wie in der Literatur für Erwachsene. Das verwundert kaum: Sind doch seit jeher diejenigen Kinder- und Jugendbücher die besten, die auch die älteren Generationen ansprechen und deren Fantasie beflügeln. Sinnvoll ergänzt wird der Themenschwerpunkt durch Artikel zur „Diversität im Kinder- und Jugendbuch“, die aus einem Seminar an der Universität Bayreuth unter Leitung von Tina Hartmann hervorgegangen sind. In ihnen wird untersucht, wie bestimmte Aspekte, beispielsweise Hautfarbe, Herkunft, Sexualität oder Behinderung, im Bilderbuch sowohl auf der narrativen als auch auf der Bildebene dargestellt werden.

Ganz anders gelagert ist eine Reihe von Artikeln zum gegenwärtigen deutschsprachigen Film, die von unserer Partnerredaktion in Duisburg-Essen beigesteuert wurden. Neben Filmbesprechungen finden sich hier übergreifende Betrachtungen zu nicht ganz kinder- und jugendfreien Themen, etwa der Rolle des Rauchens oder des Alkoholkonsums im Film. Dass durch letzteren nicht nur Konflikte ausgelöst respektive beschleunigt werden können, sondern ihm auch eine verbindende Kraft zukommt – siehe Sebastian Sterns Der Hund begraben. Oder die Geschichte von einem Mann, der überflüssig wurde –, ist gerade in der Weihnachtszeit ein tröstlicher Aspekt…

Nicht nur zur Weihnachtszeit lautet der Titel einer der bekanntesten Erzählungen Heinrich Bölls, eine Satire, die einem aber die Freude an der Feier nicht verderben kann. Kurz vor Weihnachten, am 21. Dezember, wäre Böll 100 Jahre alt geworden. Das ist für uns ein willkommener Anlass, an den Literaturnobelpreisträger in einem weiteren Themenschwerpunkt dieser Ausgabe zu erinnern.

Gedankt sei zum Ende des Jahres besonders allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie denjenigen, die uns auf andere Weise bei der Arbeit unterstützen. Wir verabschieden uns im Namen der Redaktionen bei unseren Leserinnen und Lesern – bis zum Erscheinen der Januar-Ausgabe 2018.

Stefan Jäger