Vorwort zur März-Ausgabe von literaturkritik.de

Städte, mal als Sehnsuchtsort, mal als dystopischer Raum, sind seit jeher Schauplatz wie Motiv literarischer Texte – in der Reiseliteratur des 19. Jahrhunderts, der Großstadtlyrik des Expressionismus, dem in naher Zukunft spielenden Gegenwartsroman. Mit dem Schwerpunkt „Literatur und Stadt“ der aktuellen Ausgabe von literaturkritik.de werfen wir einen Blick auf unterschiedlichste Thematisierungen von ‚Stadt‘ in der aktuellen Literatur.

Hierfür haben die Hauptredaktion in Mainz und die Redaktion Gegenwartskulturen gemeinsam einen Schwerpunkt konzipiert. Dieser wird eingeleitet von einem Interview mit dem argentinischen Schriftsteller Hernán Ronsino, der Ende 2020 mit dem Anna-Seghers-Preis ausgezeichnet wurde. Ronsinos Thema ist der Anachronismus des Vergangenen und der unmittelbaren Gegenwart und hierbei ganz besonders das Verhältnis zwichen dem von archaischen Bräuchen geprägten ländlichen Raum Argentiniens und der globalisierten Metropole Buenos Aires. Vor allem zu diesem kulturellen Konflikt befragte ihn literaturkritik.de-Mitherausgeber Sascha Seiler. Günter Helmes hat zu unserem Schwerpunkt einen längeren Essay über Steffen Maus soziologische und autobiographische Studie Lütten Klein geschrieben, in denen es unter anderem um Stadtplanung in der DDR und die Folgen derselben geht.

Den Auftakt der Rezensionsreihe macht Hannes Krauss‘ Rezension zu Laura Lichtblaus Debütroman Schwarzpulver, der den Alltag in der Großstadt dystopisch überzeichnet. Über den Prenzlauer Berg in Berlin, den Enno Stahl in Sanierungsgebiete problematisiert, geht es nach Zürich und Genf, zwei der Schauplätze in Christian Krachts neuem Roman Eurotrash. Nach einem Abstecher in das von Ulrich Becher in drei Novellen literarisierte New York kommen wir noch einmal zurück zum Prenzlauer Berg, Schauplatz diesmal von Synke Köhlers Die Entmieteten. Ebenfalls in Berlin spielt Lorenz Justs Debütroman Am Rand der Dächer, und titelgebend ist die Hauptstadt für Aras Örens Lyrikband, den Jannick Griguhn rezensiert. Sarah Maaß bespricht mit FLEXEN. Flâneusen* schreiben Städte eine Anthologie, die verschiedenste Städte aus der Sicht von Schriftstellerinnen thematisiert, bevor Werner Jung zum Abschluss dieser Ausgabe den Sammelband Die unsichtbare Stadt unter die Lupe nimmt.

Der zweite Themenschwerpunkt dieser Ausgabe befasst sich mit Heinrich Mann, der vor 150 Jahren, am 27. März 1871, geboren wurde. Unsere Essays, Rezensionen und Hinweise dazu erscheinen im Laufe dieses Monats. Darüber hinaus enthält die März-Ausgabe wieder zahlreiche Rezensionen zur deutschen und internationalen Literatur, zur Literatur- und Kulturwissenschaft sowie zu Neuerscheinungen in anderen kulturellen Bereichen.

Hingewiesen sei hier abschließend noch auf eine personelle Neuerung in der Duisburg-Essener Redaktion Gegenwartskulturen. Vera Kostial, die die Redaktion seit 2018 koordiniert, widmet sich im Sommersemester 2021 anderen beruflichen Herausforderungen. In diesem Zeitraum wird Dennis Borghardt die Koordination übernehmen.

Einen anregenden Bücherfrühling wünschen unseren Leserinnen und Lesern

die Redaktionen in Mainz und Duisburg-Essen