Letzte Dinge, locker erklärt

Jochen Hörischs Schrift „Bedeutsamkeit“ erläutert den abgründigen Zusammenhang von Todesbewusstsein, Sinngebung und Leitmedien

Von Bernd BlaschkeRSS-Newsfeed neuer Artikel von Bernd Blaschke

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

 

Während der 1990er-Jahre veröffentlichte Jochen Hörisch drei Bände mit brillanten literaturwissenschaftlichen Essays, die als Kulturgeschichten dreier Medien firmierten. In „Brot und Wein“ ging es um eine Literaturgeschichte des Abendmahls, in „Kopf oder Zahl“ reflektierte er auf die kritische Rolle des Geldes in Gedichten, Dramen und Romanen seit der Neuzeit. Im Band „Ende der Vorstellung“ zeigte der Mannheimer Germanist und Medienwissenschaftler, wie in literarischen Texten die audiovisuellen Medien verarbeitet und kommentiert werden.

Anfang des neuen Jahrtausends ließ Hörisch diesen stets hermeneutisch virtuos an einzelnen literarischen Werken entlang argumentierenden Essaybänden eine systematischer angelegte „Geschichte der Medien“ unter dem Leitaspekt „Der Sinn und die Sinne“ folgen. Sie bot vom kosmologischen Urknall, über die Entstehung der Stimme und später der Schrift bis hin zum Geld, zu Oblaten, dem Buchdruck, Radio, Fernsehen und Internet einen großen historischen Überblick der Medienentwicklungen. Die materiellen und ingenieurswissenschaftlichen Erfindungen behielt dieses stoff-, anekdoten- und geistreiche Geschichtswerk ebenso im Blick wie die grundstürzenden Auswirkungen der medialen Umbrüche auf die Künste, die Gesellschaft, das Bewusstsein und das Zusammenleben der Menschen (und der Götter – so muss man bei diesem stets auch theologisch versierten und anspielungsreich formulierenden Mediendenker hinzufügen).

Bis dato hatte wohl kaum jemand außer Hörisch in der noch jungen Medientheorie ‚Geld‘ und ‚Abendmahl‘ als kraftvolle Medien begriffen und in ihren kulturellen Auswirkungen analysiert. Sein neues Buch bezeichnet er selbst als nachgereichte Grundlegung seiner im Laufe der 1990er-Jahre entstandenen Bücher zu den ontosemiologischen Leitmedien (Abendmahl, Geld und audiovisuelle Medien), die in herausragender – weil für Zeitgenossen nahezu unvermeidbarer – Weise Sein und Sinn verknüpfen. Was für Architekten und Bauingenieure als unprofessionell gelten mag, ein nachgeliefertes Fundament, darf sich ein Geisteswissenschaftler wohl erlauben. Das gilt umso mehr, wenn es sich wie bei Hörischs Studie zur „Bedeutsamkeit“ um weit mehr handelt, als um theoretische Absicherungen oder Einordnungen eigener Arbeiten in eine weit ausdifferenzierte Theorienlandschaft. Denn dieses Buch und diesen Theoretiker drängt es wirklich in die Tiefe (vermutlich) letzter Grundlagen. Hier geht es nicht um Begründungen mittlerer oder gar nur lokaler Reichweite, in denen der Geltungs- und Funktionszusammenhang kultureller oder sprachlicher Formationen, respektive künstlerischer oder sozialer Gebilde auf relative Methoden und konstruktivistische Modelle hin verrechnet wird.

Hörisch geht aufs Ganze, er fragt nach den ontischen, anthropologischen und semiologischen Fundamentalzusammenhängen, die er mit dem Konzept der Bedeutsamkeit sowie der Klärung ihrer ontosemiologisch-temporalen Verfasstheit erschließen will. Seine Basisannahme ist dabei so simpel wie einleuchtend und in ihren Folgen weitreichend: Weil die Menschen sterblich sind und darum wissen, ist ihre Zeit knapp und wertvoll. Das generiere eine allgemeine, vage Bedeutsamkeit aller Dinge und zwinge zum (stets selektiven) Setzen von Sinn. Und dieser Übergang von einer gewissermaßen universell fundierten Forderung nach Bedeutsamkeit zu den vielen einzelnen Sinnsetzungen werde wiederum von Medien (Abendmahl, Schrift, elektronischen Medien) vorgeformt, vereinfacht und beeinflusst.

Entgegen einer verbreiteten laxen Rede von Leitmedien als irgendwie wichtiger technischer Vermittlungsinstanzen präsentiert Hörisch eine schlüssige Definition des Begriffs ‚Leitmedium‘. Als solches gelte ein Medium, das man – während der Dauer seiner Geltung – nur um den Preis größter Selbstschädigung meiden könne. Das trifft auf das Abendmahl in den fundamental christlichen Gesellschaften der frühen Neuzeit zu; ebenso auf das Geld in der Moderne und ferner auf die Schrift (Alphabetisierung) in Wissensgesellschaften. Indes bezeichnete Hörisch in seiner Medientrilogie der 1990er-Jahre die audiovisuellen Medien Fernsehen und Computer als Leitmedien der Gegenwart. Im aktuellen Buch nun scheint er anstelle der audiovisuellen Medien Fernsehen und Computer eher die Schrift für ein nur unter großen Opfern boykottierbares Leitmedium zu erachten. Hingegen leben wohl nicht wenige (gebildete, lesende) Menschen gar nicht so schlecht ohne Fernseher – zugegeben: ohne Computer und Online-Zugang werden heutzutage alltagsorganisatorische Abläufe, das Universitätsstudium oder die Informationsbeschaffung zunehmend ungemütlich bis unmöglich.

Somit unterzieht Hörisch in diesem Grundlegungsbuch zu seinen bildungsgesättigten Essaybänden über Abendmahl, Geld und AV-Medien seine mediengeschichtsphilosophische Abfolge der Leitmedien einer Revision, ohne dies offen als Selbstkritik auszuweisen. Das Fernsehen unterscheide sich, so Hörischs neues Buch, von der Spezies der Leitmedien zudem, weil es im Gegensatz zu den autoritären, glaubenssüchtigen Medien ‚Abendmahl‘ oder ‚Geld‘ als ein pluralistischer Meinungszirkus auf Konsenszumutungen verzichte. Freilich sei auch die Schrift kein Leitmedium im strengen Sinne, da sie (im Gegensatz zum Abendmahl und eventuell zum Geld) keine unhintergehbare Verschlingung von Sein und Sinn suggeriere. Bücher und Texte gebe es schließlich überzählig viele. Und nicht-ikonografische Schrift sei (zumindest für die nüchternen Leser) als eine arbiträre Zeichenordnung erkennbar, in der Sein und Sinn willkürlich und gewissermaßen unvermittelt aufeinander bezogen werden.

Eine anthropologisch-fundamentalsemiologische Rolle spielen Medien als metaphysische Lückenbüßer (oder: weltliche Stellvertreter Gottes), denn sie etablieren Sinn und Ordnungen über dem Abgrund fundamentaler Sinnlosigkeit. Hörisch erklärt, „dass es Medien nur deshalb gibt, weil es keinen Sinn des Sinns, keine Bedeutung der Bedeutung und keinen Grund des Grundes gibt. Medien und ontosemiologische Leitmedien zumal haben auch die Aufgabe, an die Stelle unmöglicher Letztbegründungen und ultimativer Sinneinsichten zu treten.“ Medien seien mithin die Gegenspieler der Apokalypse: sie halten die Letztoffenbarung auf. Wenn die Medien ihm solcherart als funktionale Äquivalente zu Gott gelten, so weist er zugleich hin auf die Medienvergessenheit auch der aufklärerischen Philosophie, welche die Rolle der Medien (zugunsten von Geist, Denken, Sprache) lange verdrängte. Als verräterischer Beleg dient dem Medienforscher etwa der fehlende Eintrag zu Begriff und Geschichte der Medien in Joachim Ritters großem „Historischen Wörterbuch der Philosophie“. „Medien sind die Gespenster der Philosophie, die sich Gespensteraustreibung zum Programm gemacht hat, aber nie auf die Idee käme, dass sie selbst ein Gespenst sein könne. Medien sind in philosophischer Sicht Gespenster, die ernst zu nehmen nicht lohnt.“ Dem Auftreten dieser ernstzunehmenden, zugleich abwesenden wie anwesenden Gespensterfiguren der Medien geht Hörisch im dritten Teil seines Großessays zur „Bedeutsamkeit“ nun neuerlich unter der Überschrift ‚Formierter Sinn – Zur Funktion ontosemiologischer Leitmedien‘ nach.

Am Anfang des Buches unternimmt der Autor Begriffsklärungen. Hörisch erläutert den guten Sinn seines preziös klingenden Titelworts „Bedeutsamkeit“. Bedeutsamkeit sei ein Medium (im Sinne von Niklas Luhmann nach Fritz Haider) und mithin unspezifisch; Sinn dagegen sei eine Form in diesem Medium und folglich spezifisch. Gegen den Trend, auch klassische Gegenstände der Geisteswissenschaften, etwa Kunst oder Bewusstsein mit naturwissenschaftlichen Messungen und Modellen erklären zu wollen, beharrt der Kulturwissenschaftler darauf, dass die Emergenz von Bedeutsamkeit und Bewusstsein nicht positivistisch, naturwissenschaftlich reduzierbar sei. Bilder von Diego Velazquez’ oder musikalische Kompositionen beispielsweise seien nicht vermessbar – zumindest erhelle man auf diesem Wege kaum ihre Bedeutsamkeit.

Der erste Teil des Buches erkundet sodann eine wahrlich große Frage: Warum ist überhaupt Bedeutsamkeit und nicht vielmehr nichts? Seine Antwort darauf lautet: Tod, Endlichkeit und Zeit sind extramentale, gewissermaßen objektive (jenseits des menschlichen Bewusstseins- oder Kulturraums gegebene) Bedingungen der Möglichkeit für Bedeutsamkeit. Angesichts der Zeitlichkeit als (allemal abgründige) Grundlegung von Bedeutsamkeit überführen immer riskante Deutungen diese vage temporalontologische Bedeutsamkeit in spezifische Bedeutungen spezifischer Gegenstände. Anhand zahlreicher literarischer Texte belegt der Literaturwissenschaftler nun seine Behauptung, dass dieses riskante, zeitverfallene Deutungsgeschehen und mithin die Fundamentalsemiologie den Dichtern stets bewusster gewesen sei als den Philosophen oder gar den sprachanalytischen Diskurspolizisten.

Das erste der drei Hauptkapitel durchquert literarische und philosophische Texte mit der Frage: Warum gibt es überhaupt Bedeutsamkeit? Es beginnt mit Unterkapiteln zu literarischen Todesreflexionen von William Shakespeares Schädelszene in „Hamlet“ über Johann Wolfgang Goethes Gedicht „Im ernsten Beinhaus wars …“ bis zu Friedrich Schillers „Verschleiertes Bildnis zu Sais“. Das „freie Sinnen“ erkenne, so interpretiert Hörisch Goethes Gedicht, den Zusammenhang von Tod und Bedeutsamkeit als Lebensquell: die „gesteigerten Gestalten“ der Bedeutsamkeitssphäre erstehen aus dem Umstand, dass Sein zeitlich verfasst ist und menschliches Leben endlich ist. Hörischs Streifzüge zu den Vorläufern und Ausprägern seiner fundamentalsemiologischen Gedankenfigur vom Endlichkeitsbewusstsein als Generator von Bedeutsamkeit deuten Textpassagen von Parmenides und Paulus, Pindar und Friedrich Hölderlin, Johann Gottfried Herder, Goethe, Richard Wagner und Thomas Mann. Es geht dieser philosophisch inspirierten Hermeneutik dabei, wie in allen Texten Hörischs, darum, das argumentative Potential poetischer, schöner Texte zu rekonstruieren. Die altbackene Formulierung vom Dichten und Denken nimmt er ernst und zeigt, wie Dichtungen den Raum des Sagbaren und Sinnhaften ausweiten, gerade auch jenseits streng wissenschaftlicher Diskurse. Die Rolle des Interpreten Hörisch ließe sich dabei fassen als eine argumentationsstarke und theoriegeschulte Rekonstruktion des spekulativ dichterisch erspielten Wissens. Der Kulturwissenschaftler arbeitet hier als eine Art Anwalt oder eher: als sprachbegabter Öffentlichkeitsarbeiter, der dunkles, kryptisches und nicht selten paradoxes Wissen der Dichtungen an ein zeitgenössisches Publikum vermittelt.

Das Buch ist eine Fundgrube stupenden Wissens und pointierter Erkenntnisse nicht zuletzt angesichts des Todes, der hier als Produktivkraft erkannt wird. So verlange es die Götter bei Pindar nach der Endlichkeit, um menschliche Bedeutsamkeitserfahrungen machen zu können. Der gestorbene Gott(essohn) im Christentum gilt Hörisch als die raffinierteste Religion, denn „Zeitlichkeit, Endlichkeit, Vergänglichkeit und Sterblichkeit sind nicht etwa, wie die Konvention fast aller Theologien und Metaphysiken meint, das Problem – sie sind die Lösung. Sie bedrohen nicht etwa Sinn und Bedeutsamkeit – sie ermöglichen allererst Bedeutsamkeit und Sinn. Das Kreuz der Sterblichkeit, Endlichkeit und Mangelhaftigkeit, das wir zu tragen haben, ist zugleich das Zeichen der Erlösung vom Schicksal der Bedeutungslosigkeit.“

Der symbolkundige Kulturwissenschaftler scheut auch nicht vor originellen und anregenden Konjekturen. Wäre Christi gehängt oder vergiftet worden, gäbe es nicht das ikonologisch so wirkmächtige Kreuz mit seinen sich schneidenden Linien der Horizontalen und Vertikalen. Und diese spezifische Bedeutungssymbolik war vielleicht entscheidend für den missionarischen Erfolg des Christentums und damit von weltgeschichtlicher Bedeutung.

Entgegen rein sprachanalytischen Deutungen sprachlicher Mittel wie dem der Negation sieht Hörisch ein tiefer liegendes ontologisches Bedingungsverhältnis: weil Zeit Seiendes negiert, gibt es die sprachlich verfasste Verneinung, die wiederum Voraussetzung für Bedeutsamkeit ist. Mit Georg Wilhelm Hegel begreift er die Negation affirmativ – als notwendiges Mittel für Begreifbares und Sinnvolles. Das philosophische Herzstück der Studie ist ein anspruchsvoller Parcours durch Hegels, Novalis’, Immanuel Kants, Edmund Husserls und Martin Heideggers Philosopheme zum Zusammenhang von Zeitlichkeit und Bewusstsein. Mit Heidegger behauptet Hörisch eine ontische Grundlegung aller Semiologie in der „Verweisung“, die man nicht binnenlinguistisch rein zeichentheoretisch missverstehen und verkürzen dürfe. Er unterschreibt Heideggers „großspurige Formel: Verweisung ist das ontologische ‚Konstituens der Weltlichkeit überhaupt‘“. In kraftvollen Deutungen der in der Heidegger-Forschung eher wenig analysierten Zusammenhänge von Bedeutsamkeit und Weltlichkeit, wie sie der 18. Paragraph von „Sein und Zeit“ entwirft, macht Hörisch Heidegger zum Kronzeugen seiner Grundlegung von Bedeutsamkeit in Endlichkeit, Zeitlichkeit und Sterblichkeit – und sich selbst zugleich zum argumentationsstarken und verständlich formulierenden Vermittler von Heideggers kryptischer Ontologie, die hier als eine Ontosemiologie verdeutlicht wird.

Den Auftakt zum zweiten Hauptkapitel über „Deutung und Bedeutung“ bildet eine Reflexion über die Rolle und Bedeutung der Geisteswissenschaften. Anstelle immer neuer, oft wirklichkeitsvergessener methodischer turns und Paradigmenwechsel, empfiehlt der Mannheimer Medientheoretiker einmal mehr die Hinwendung zu real existierenden Problemen und Konflikten (von Krankheit und Krieg bis zu Geld- und Liebesnöten), zu denen große Literatur seit jeher raffiniert beobachtete Modellierungen anbietet. Neben seinem Plädoyer für einen realistic turn in den Geisteswissenschaften verteidigt Hörisch indes zugleich deren sachlich gebotenen „Alexandrinismus“. Denn dieses Wissen um die Pluralität und Historizität von Deutungen beruhe auf dem notwendigen Eingeständnis, dass es keinen direkten Zugriff auf die Welt oder auf die Bedeutsamkeit geben könne. Stattdessen gebe es nur das unendliche Geschäft der Bedeutungskonstruktion durch die endlichen Zeichenproduzenten (vulgo: durch uns sterbliche Menschen). Die Endlos-Kippbilder von Möbiusband und Kleinsch’er Flasche dienen Hörisch als geometrische Lieblingsbilder für den vereindeutigenden Sinn, der die paradoxen Verschlingungen der Bedeutsamkeit aus Immanenz und Transzendenz durchschneidet, und der anstelle des bloßen Rauschens (der Bedeutsamkeit) orientierende Sinnzuschreibungen (greifbar konturierte Bedeutungen) setzt.

Paradoxien werden in einem weiteren Unterkapitel als Lebenselixier der Künste und der Geisteswissenschaften ausgemacht und aufgewertet. Paradoxien dürfen auch als markante Qualität des elegant und anschaulich parlierenden und doch begründungsselig argumentierenden Autors Hörisch gelten. Es überrascht daher nicht, dass der zupackend formulierende und gleichermaßen originell wie gelehrt denkende Akademiker ein viel gefragter Diskussionsgast auch in den audiovisuellen Medien ist. Nur ganz wenige Geisteswissenschaftler verstehen es, so schlagfertig, so anekdoten- und zitierfreudig, so gegenwarts- wie geschichtsversessen komplexe Sachverhalte aufzuklären.

Hörischs virtuoser Sinn für das Ineinanderspielen von metaphysisch-medialen Gross- und (Ab-)Grundthemen führt ihn durch ‚heilig-öffentliche Geheimnisse‘, zu Debatten über Glauben und Wissen und zur aktuellen Frage nach den Kosten und Nutzen von Polytheismus und Monotheismus. Dabei hält er es mit Goethes Neigung zum Polytheismus und erläutert, wie im Goethe’schen Faust-Drama die allzu simplen Oppositionen von Profanem und Sakralen, von Glauben und Unglauben dekonstruiert werden, indem die weltlichen Implikationen des Sakralen ebenso enthüllt werden, wie die theologischen Implikationen weltlicher Institute (etwa des Geldes) offengelegt werden. Hörisch ist dabei (wie schon in seiner „Geschichte der Medien“) ein agnostischer Virtuose der Kippfiguren, der ohne eigene, letzte Entscheidungssetzungen die wechselseitigen Verstrickungen von theologischen und funktionalen (atheistischen) Institutionen und Redefiguren erhellt.

Solcherart gebildet und doch geistvoll lässig bewegt sich der leichtfüßige Tiefdenker gleichermaßen elegant auf Kirchentagen wie in ausgebufft weltlichen Theoriezirkeln von Dekonstruktion und Lacanianismus. Nach Nietzsche gab es in Deutschland nicht viele philosophische Essayisten, die wie Hörisch fundamental-kritisches Denken mit einem schwebend leichten Stil zu verbinden verstanden. So macht diese anregende Studie das Lesen und Denken zum sinnlich-intellektuellen Genuss. Das muss ihm, angesichts der letzten Dinge, die hier im Medium des literarisch belesenen, philosophierenden Entwurfs verhandelt werden, erst einmal einer nachmachen.

Titelbild

Jochen Hörisch: Bedeutsamkeit. Über den Zusammenhang von Zeit, Sinn und Medien.
Carl Hanser Verlag, München 2009.
416 Seiten, 24,90 EUR.
ISBN-13: 9783446233294

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch