Von Avalon bis Zazamanc
Rudolf Simeks „Artus-Lexikon“ schließt eine mediävistische Lücke
Von Kristy Husz
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseStudierende der Mediävistik, der Englischen Literaturwissenschaft und der Romanistik, aber auch alle anderen, die sich aus Forschungsgründen oder purem Interesse mit dem Sagenkreis um König Artus beschäftigen, dürften mit dem Problem vertraut sein: Die mittelalterliche Artusdichtung kennzeichnet eine kaum zu überblickende Fülle an Figuren, Motiven, Schauplätzen und Einzelwerken. Rudolf Simeks „Artus-Lexikon“ befreit Excalibur aus dem Stein und schlägt einen Weg durch das Dickicht der Bezeichnungen und Begriffe.
Simek, Professor für Ältere Germanistik mit Einschluss des Nordischen in Bonn, richtet sich damit explizit an Leser des deutschen Sprachgebietes, dem es im Gegensatz zum englischsprachigen Raum mit seinem „New Arthurian Encyclopedia“ (Norris J. Lacy), „Arthurian Name Dictionary“ (Christopher W. Bruce) oder „Camelot Project“ (University of Rochester) bislang an einem adäquaten Nachschlagewerk mangelte. Aufgrund der anvisierten Zielgruppe liegt der Schwerpunkt der ausgewählten Stichwörter demnach auf deutschsprachigen Texten der Artusliteratur, wobei aber die Tradition anderer Länder Europas nicht zu kurz kommt.
Nicht nur geografisch wird der Stoff einzugrenzen versucht; zeitlich beschränkt sich das Lexikon auf das Mittelalter, da die neuzeitliche Rezeption der Artussage seinen Umfang sicherlich gesprengt hätte. Rechnet man die den vielen unterschiedlichen Namensformen geschuldeten Querverweise ein, so versammelt Simek in seinem Handbuch nämlich die beeindruckende Menge von über 2.500 Einträgen; die Werkartikel sind zudem um Hinweise auf Quellen und Forschungsliteratur ergänzt. Man kann nicht umhin, sich vorzustellen, dass die Sichtung, Ordnung und Bearbeitung des verwendeten Materials bisweilen der legendären Suche nach dem Heiligen Gral geglichen haben muss.
Die mythisch-märchenhafte Artuswelt mit ihren Tafelrunde-Helden, Aventiuren, Prinzessinnen, Tugendproben und Drachenkämpfen entstammt vor allem den Klassikern der Höfischen Epik wie Chrétiens „Lancelot“, Hartmanns „Erec“ und „Iwein“, Wolframs „Parzival“, Gottfrieds „Tristan“ und Thomas Malorys „Morte Darthur“. Nicht immer bekannt oder im Gedächtnis verhaftet sind die kleinen Details jener Welt, etwa, dass der Artusritter Keie in Italien auch „Che“ heißt, das Substantiv „Sarrazin“ in einem der mittelhochdeutschen Versromane „alle Feinde aus Afrika und dem Orient“ meint und der in Monty Pythons „Die Ritter der Kokosnuss“ so selbstbewusst auftretende „Schwarze Ritter“ gleich zwei literarische Namensvettern hat. Und wer wüsste schon auf Anhieb, dass das unscheinbare Lemma „Lac“ wahlweise auf einen König, einen Ritter, einen Burghauptmann, eine magische Quelle und ein fabelhaftes Land verweist?
Es sind Stichwörter wie die obigen, zu denen Simeks Lexikon schnell verwertbare Informationen bietet, ohne ins Schwadronieren zu verfallen. Damit stellt es ein inhaltlich knapp gehaltenes, in der Summe jedoch üppiges Kompendium dar, das viele mediävistische Handbibliotheken bereichern dürfte.
|
||