Poetischer Apéritif

Susanne Schmids Lesebuch zur englischen Romantik macht Lust auf die Lyrik von Byron, Shelley und Keats

Von Sonja SakolowskiRSS-Newsfeed neuer Artikel von Sonja Sakolowski

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Als im Jahre 1824 der englische romantische Dichter George Gordon Noël, Lord Byron während seiner Teilnahme am griechischen Freiheitskampf starb, war die Trauer darüber in ganz Europa groß. Heinrich Heine, neben Goethe einer der prominenten Anhänger Byrons in Deutschland, verfaßte folgenden Nekrolog: "Toter Dichter, stille liegt er, / mit entblößtem Angesicht; / Seine blauen Augen schauen / immer noch zum Himmelslicht. // Aus der Tiefe klingts, als riefe / eine kranke Nixenbraut, / Und die Wellen, sie zerschellen / an dem Kahn wie Klagelaut."

Byrons Dichtung und sein exzentrischer Lebensstil hatten ihn bereits zu Lebzeiten zu einer Legende werden lassen, der Weltschmerz und die Melancholie, die in seiner Lyrik zum Ausdruck kamen, wurden bald überall nachgeahmt, der Byronismus war modern. Die beiden anderen Dichter des Triumvirats englischer Romantik, Keats und Shelley, standen zu unrecht etwas in seinem Schatten.

Heute, 175 Jahre nach Heines enthusiastischem Nachruf, sind die Werke aller drei Dichter fast ausschließlich zu Prüfungsstoff an Universitäten verkommen, oder fristen als Geheimtip unter Lyrikbegeisterten ein Schattendasein, das sie nicht verdient haben. Dies ist wohl auch auf das Fehlen von Ausgaben (neuer) deutscher Übertragungen zurückzuführen.

Susanne Schmids Lesebuch mit einer Auswahl von Gedichten Byrons, Shelleys und Keats' könnte da Abhilfe schaffen und ist vielleicht ein Schritt aus der Vergessenheit zurück ins Bewußtsein. Neben Auszügen aus den schönsten und wichtigsten Dichtungen wird dem Leser anhand von Dokumenten, Briefen und Zitaten auch das Leben der drei Romantiker nahegebracht. Die Gedichte, zweisprachig abgedruckt, werden von Anmerkungen und Erläuterungen begleitet und durch Anspielungen und Zeitbezüge erläutert. Susanne Schmid greift auf Übertragungen aus dem vergangenen Jahrhundert zurück ( z. B. Gildemeister, Strodtmann), hat bei ihrer Auswahl aber auch Alfred Wolfensteins hervorragende, expressionistisch-düstere Übersetzungen Shelleys nicht vergessen.

Es war der Herausgeberin ein Anliegen, die Dichter "aus ihrem akademischen Käfig" herauszuholen, um die Schönheit ihrer Lyrik neu zu entdecken. Das ist ihr mit der gut gemachten Auswahl gelungen. Bei der Lektüre bekommt man Lust auf die Dichtung dieser großen Poeten. Was jetzt noch fehlt, sind Gesamtausgaben der Werke, vielleicht sogar in neuer Übertragung.

Titelbild

Susanne Schmid: Byron-Shelley-Keats. Ein biographisches Lesebuch.
dtv Verlag, München 1999.
288 Seiten, 10,20 EUR.
ISBN-10: 3423126272

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