Novalis – die endlose Suche nach der blauen Blume

Über Gerhard Schulz’ Novalis-Biografie

Von Stefan SchweizerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefan Schweizer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Gerhard Schulz gehört zu den renommiertesten Romantik-Forschern der Neueren Deutschen Literaturwissenschaft. Sein Hauptwerk „Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration“ gehört seit geraumer Zeit unverrückbar zum universitär-akademischen Kanon über die Epoche der Romantik. Darüber hinaus ist es eine brillante und analytisch-scharfsinnige Meisterleistung der Sozialgeschichtsschreibung, welche den Vergleich mit modernen kulturwissenschaftlichen Ansätzen nach wie vor für sich entscheiden könnte.

Nun legt Schulz mit „Novalis“ ein methodisches Sammelsurium zu einem der bedeutendsten Dichter der Frühromantik vor. Der Band vereinigt Sozialgeschichte, kulturwissenschaftliche Ansätze, Biografisches und klassische, hermeneutisch-philologische Textexegese geradezu meisterhaft. Damit plädiert Schulz implizit gegen zu einseitige Vereinnahmungsversuche beim Fach Neuere Deutsche Literaturwissenschaft, welche eine der oben genannten Richtungen zu prominent in das Analysezentrum rücken wollen. Alle Ansätze besitzen eben – abhängig von der Ausgangsfragestellung – ihre Berechtigung.

„Novalis“ ist für ein breites Publikum gedacht. Interessierte, Studierende, Doktoranden und Forscher können gleichermaßen den Band gewinnbringend in der Gänze oder ausschnitthaft lesen. Einzelinterpretationen der Poetik von Novalis ebenso wie die Analyse von Heinrich von Ofterdingen liefern neue Einsichten über diese Werke. Darüber hinaus offenbart Schulz en passant das Wesen der Frühromantik, erklärt die progressive Universalpoesie und das ständige Werden der Kunst als Annäherung an das Absolute. Ebenso zeigt er die Bedeutung von Personenkonstellationen zur damaligen Zeit auf: Tieck, Schlegel, Schelling und andere entwickelten das theoretische Fundament der Früh-Romantik.

Lediglich die philosophisch-anthropologische Dimension von Novalis’ Œuvre bleibt ein wenig unterrepräsentiert – dies ist aber vermutlich auch gar nicht die Intention von Schulz gewesen. Wer sich für diese Facette von Novalis’ Werk interessiert, dem seien die bahnbrechenden Werke des Tübinger Philosophen Manfred Frank ans Herz gelegt. Frank sieht in Novalis zugleich den Ausgangs- als auch einen Höhepunkt des deutschen Idealismus.

In der Summe ist „Novalis“ von Schulz uneingeschränkt zur Lektüre zu empfehlen. Lobend sei am Ende der Rezension noch der wunderbare, beinahe selber poetisch anmutende Stil der Arbeit hervorgehoben.

Titelbild

Gerhard Schulz: Novalis. Das Leben Friedrich von Hardenbergs.
Verlag C.H.Beck, München 2011.
304 Seiten, 24,95 EUR.
ISBN-13: 9783406627811

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