„O Captain! My Captain!“

Zum 200. Geburtstag von Walt Whitman, dem Begründer der modernen amerikanischen Lyrik

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Er ist Amerika“, sagte der amerikanische Dichter Ezra Pound (1885–1972) über seinen Landsmann Walt Whitman. Thomas Mann (1875–1955) nannte ihn sogar den „Donnerer von Manhattan“. Der bedeutende englische Kritiker John Symonds (1914–2006) wurde da noch etwas konkreter, aber nicht weniger euphorisch: „Über Whitman reden, ist wie über das Universum reden. Er gleicht dem Universum, nicht nur, weil er so weit und umfassend ist, sondern weil er ungreifbar, entweichend, auf den ersten Blick widerspruchsvoll und in gewissem Sinne formlos ist.“ Und tatsächlich, Walt Whitman lässt sich nicht mit einem Etikett versehen und seine Werke keiner bestimmten literarischen Strömung zuweisen.

Walt (eigentlich Walter) Whitman wurde am 31. Mai 1819 in Huntington (auf Long Island) als zweites Kind eines Zimmermanns geboren. In seinem späteren Gedicht There Was a Child Went Forth (dt. Es war ein Kind, das ausging jeden Tag) charakterisiert der Sohn seine Eltern:

Die Mutter daheim, die die Speisen still auf den Abendtisch setzte,
die Mutter mit milden Worten, mit sauberer Haube und sauberem Gewand, der frische Duft, der von ihr und ihren Kleidern wehte, wenn sie vorbeiging,
der Vater, stark, selbstgenügsam, männlich, reizbar, übellaunig, ungerecht,
der Streit, das schnelle, laute Wort, Rede und Widerrede, …

Als der Junge fünf Jahre alt war, zog die Familie nach Brooklyn, wo er sechs Jahre lang die Schule besuchte. Stunden-, ja tagelange Streifzüge entlang der Küste mit ihren Einbuchtungen und Landzungen, mit ihren endlosen, menschenleeren Stränden und Grasflächen hinterließen bei dem jungen Walt unauslöschliche Eindrücke, die in seinen späteren Werken immer wieder auftauchen.

Es war ein Kind, das ausging jeden Tag,
und was es zuerst erblickte, das wurde es,
und das wurde ein Teil von ihm für den Tag oder für einen Teil des Tags
oder für viele Jahre oder weite Kreise von Jahren.

Mit zwölf Jahren begann Whitman eine Schriftsetzerlehre. Durch sie bekam er wahrscheinlich schon das Gefühl für Worte, Sätze, Textpassagen und Interpunktion. Der Druckereibesitzer war gleichzeitig Herausgeber des Long Island Patriot und erlaubte seinem Lehrling, kleine, gemütvolle Texte beizutragen. Nach abgeschlossener Lehre arbeitete Whitman zunächst in verschiedenen Druckereien in Manhattan. Nachdem zwei New Yorker Brände auch das Druckerviertel ausgelöscht hatten, kehrte er 1836 nach Long Island zurück, wo er – trotz geringer Schulbildung – als Dorfschullehrer von Ort zu Ort zog. Neben den Schulverpflichtungen entstanden erste Gedichte und Erzählungen. Außerdem gründete er in seiner Heimatstadt Huntington die Wochenzeitschrift Long Islander – doch der Versuch, die Zeitschrift zu etablieren, scheiterte. In der Präsidentschaftswahl von 1840 unterstützte er den demokratischen Kandidaten Martin van Buren, unter anderem mit der politischen Zeitschrift Long Island Democrat. Ein Jahr später war Whitman wieder in New York, für kurze Zeit als Redakteur bei der Tageszeitung Aurora und anschließend für verschiedene andere Blätter tätig. Mit mäßigem Erfolg erschienen auch erste Geschichten; doch Whitman merkte selbst, dass Prosa nicht sein eigentliches literarisches Medium war.

Im August 1845 kehrte Whitman schließlich wieder nach Brooklyn zurück, wo er zunächst Mitarbeiter beim Long Island Star war, ehe er Redakteur beim Konkurrenzblatt Brooklyn Daily Eagle wurde. Nach einer offenen Parteinahme gegen die Sklaverei verlor er jedoch seine Stellung und er verließ mit seinem vierzehnjährigen Bruder Jeff New York in Richtung New Orleans: eine zweiwöchige und beschwerliche Reise per Eisenbahn, Postkutsche und Dampfschiff. Beide, Walt als Redakteur und Jeff als Laufbursche, fanden eine Anstellung bei der gerade gegründeten Zeitung Crescent. In der ersten Nummer erschien sein Gedicht Sailing the Mississippi at Midnight, in dem er seine Reiseeindrücke reflektierte und das deutlich seine Naturverbundenheit zeigte. Doch nach drei Monaten wurde ihm gekündigt und die Brüder kehrten über den Mississippi, die großen Seen und den Hudson nach Hause zurück. Die lange – wahrscheinlich waren es ca. 5000 Meilen – Rückreise, auf denen Whitman unbekannte Landstriche kennenlernte, entschädigte jedoch für die berufliche Enttäuschung.

In Brooklyn versuchte sich Whitman nochmals (ein letztes Mal) als politischer Redakteur mit der Gründung der Zeitung Brooklyn Weekly Freeman, die er sogar zur Tageszeitung entwickelte. Nach wenigen Wochen war jedoch wieder Schluss. Wieder einmal stellungslos, bestritt er seinen Lebensunterhalt in den folgenden Jahren als Inhaber eines Buchgeschäfts mit dazugehöriger Druckerei, als Teppichhändler oder Grundstücksmakler. Genaue Details über diesen Lebensabschnitt sind allerdings spärlich und teilweise widersprüchlich.

Das Jahr 1855 sollte das wichtigste in der Schriftstellerlaufbahn Whitmans werden. Im Juli erschien im Eigenverlag unter dem Titel Leaves of Grass (dt. Grashalme) ein dünnes Quartbändchen von nur 95 Seiten, wobei ein programmatisches Vorwort die ersten zehn Seiten einnahm, das gewissermaßen eine kulturelle Unabhängigkeitserklärung darstellte: „Die Vereinigten Staaten selbst sind im Wesentlichen das größte Gedicht. […] Von allen Nationen brauchen die Vereinigten Staaten mit ihren Venen voll lyrischen Materials Dichter am dringendsten.“ (In heutigen deutschen Ausgaben der Grashalme fehlt dieses Vorwort leider meistens.)

In grasgrünes Leinen gebunden, trug das Cover des Bändchens nicht einmal Whitmans Namen, sondern er war nur im Copyright vermerkt. Die Goldbuchstaben des Titels verzweigen sich in Wurzeln, Blätter und Ranken und das Frontispiz zeige den Autor (ebenfalls ohne seinen Namen) mit fast christusähnlichen Zügen: in Arbeitskluft, hemdsärmlich und mit breitkrempigem Hut, eine Hand lässig in der Hosentasche. Ein mit sich zufriedener Naturmensch, der bewusst die Etikette der damaligen Zeit ignorierte. Lange Zeit hielten sich auch die Gerüchte, Whitman hätte seinen Gedichtband mit dreizehn Gedichten eigenständig gesetzt und es hätte sich nicht ein Exemplar davon verkauft.

Whitmans Gedichte unterschieden sich fundamental von den bisherigen Lyrikschöpfungen. Er löste sich von Verstraditionen und verwendete freie Rhythmen, die aber einem musikalischen Rhythmus folgten. Eine hymnische und zugleich bahnbrechende Lyrik. Weitere Kennzeichen sind die starke Expressivität und Bildlichkeit der Sprache. Bereits in seinem Auftaktgedicht Song of Myself (dt. Gesang von mir selbst) feiert Whitman das lyrische Ich mit einer enthusiastischen Selbstdarstellung:

Ich feiere mich selbst und singe mich selbst,
und was ich mir anmaße, sollst du dir anmaßen,
denn jedes Atom, das mir gehört, gehört auch dir.

Ich schlendre und lade meine Seele zu Gaste,
ich lehne und schlendre nach meinem Behagen,
einen Halm des Sommergrases betrachtend.

Im Gedicht Oneʼs-self I sing (1867, dt. Ich singe das Selbst), das in die 4. Auflage der Leaves of Grass aufgenommen wurde und mit dem spätere Ausgaben zumeist beginnen, ließ Whitman die Wechselwirkung (und Versöhnung) zwischen Individuum und Gemeinschaft anklingen – trotz aller individueller Verschiedenheiten sind alle Menschen Mitglieder (Grashalme) einer großen Familie.

Ich singe das Selbst, den Einzelmenschen,
doch spreche das Wort „demokratisch“ aus, das Wort „En masse“.

Ich singe Physiologie vom Scheitel bis zur Sohle,
nicht Physiognomie noch Hirn allein ist würdig für die Muse,
ich sage, viel würdiger noch ist die Gestalt,
ich singe das Weibliche gleichen Ranges mit dem Männlichen,

das Leben, unermesslich in Leidenschaft, Puls und Kraft,
freudig, zu freiester Tat geformt nach göttlichem Gesetz,
ich singe den modernen Menschen.

Das schmale Gedichtbändchen blieb jedoch in den Buchläden von New York und Brooklyn wie heißes Eisen liegen. Bei Zeitungsredaktionen und Rezensenten, denen Whitman Besprechungsexemplare geschickt hatte, stieß Leaves of Grass ebenfalls nur auf Kritik oder auf überhaupt keine Resonanz. Mit einer Ausnahme: Der Philosoph und Schriftsteller Ralph Waldo Emerson (1803–1882), der schon lange – unter anderem 1837 in seinem berühmten Vortrag The American Scholar – eine eigenständige amerikanische Kultur forderte, spürte das große Talent Whitmans und drückte seine Wertschätzung („ich bin nicht blind gegen den Wert der wunderbaren Gabe Ihrer Leaves of Grass“) in einem Brief aus. Vielleicht war es Emersons Ermutigung zu verdanken, dass Whitman eine zweite Auflage in Angriff nahm, die ein Jahr später, wiederum im Selbstverlag, erschien. Die dritte Auflage (1860) fand mit Thayer & Eldridge, Boston erstmals einen Verleger. Nach einer Unterbrechung durch den Amerikanischen Bürgerkrieg (1861–1865) erschienen in rascher Folge weitere Auflagen, in die Whitman neue Gedichte oder Gedichtzyklen aufnahm, die er meist zuvor in Sonderdrucken im Selbstverlag herausbrachte. Neben diesen Erweiterungen suchte er stets nach der richtigen Anordnung der Gedichte. Als dichterisches Lebenswerk (Authorʼs Edition) hinterließ er die 9. Auflage (1891) wenige Monate vor seinem Tod. Die 10. Auflage (1897) wurde schließlich mit der postumen kleinen Sammlung Old Age Echoes (dt. Nachhall aus dem Alter) ergänzt.

In 36 Jahren war aus dem anfänglichen Lyrikbändchen eine monumentale Gedichtsammlung aus fast 400 Gedichten geworden. Mit seiner kraftvollen und lebensbejahenden Lyrik, einer Mischung aus Fortschrittsglaube und Naturhuldigung, wurde Whitman damit zum Neuerer der amerikanischen Poesie. Wortgewaltig und mit einer bildhaften Sprache feierte er den Menschen und die Schönheit des menschlichen Körpers; doch diese erotische Offenheit brachte ihm im puritanischen Amerika viel Kritik ein. So drohte ihm 1882 sogar der Gebietsstaatsanwalt und forderte die Streichung von einigen Gedichtzeilen.

Im deutschsprachigen Raum begann die Whitman-Rezeption mit ersten Übersetzungen von Ferdinand Freiligrath (1810–1876), der in seinem Londoner Exil auf Leaves of Grass gestoßen war. Die übersetzten Gedichtproben in der Wochenausgabe der Augsburger Allgemeinen Zeitung vom 24. April 1868 wurden mit einer Bemerkung für die deutschen Leser eingeleitet: „Walt Whitman! Wer ist Walt Whitman? … Der einzige spezifisch amerikanische Dichter. Kein Wandler in den ausgetretenen Spuren der europäischen Muse, nein, frisch von der Prärie und den Ansiedlungen, frisch von der Küste und den großen Flüssen“. Nach Whitmans Tod folgten weitere Übersetzungen, zum Beispiel von Franz Blei (1871–1942) in Hymnen für die Erde (Insel-Bücherei Nr. 123, 1914) oder von Johannes Schlaf (1862–1941) in Reclams Universal-Bibliothek Nr. 4891/92a (1918), die beide für eine große Verbreitung unter der deutschen Leserschaft gesorgt hatten.

Unter dem Eindruck des sinnlosen, menschenverachtenden Ersten Weltkriegs legte der Schriftsteller und Übersetzer Hans Reisiger (1884–1968) 1919 eine Übersetzung von Leaves of Grass (S. Fischer) vor, die oft als die klassische deutsche Whitman-Übersetzung betrachtet und bis heute immer wieder verlegt wird. Die (u.a. von Thomas Mann gelobte) Übertragung wurde später auch von der Insel-Bücherei und Reclams Universal-Bibliothek übernommen. Auf diese Nachdichtung griff nun auch der Diogenes Verlag in seiner diesjährigen Jubiläumsausgabe zurück. In den editorischen Notizen wird außerdem kurz skizziert, wie aus dem schmalen Bändchen der Erstausgabe die starke „Ausgabe letzter Hand“ wurde.

Der Schriftsteller und Übersetzer Jürgen Brôcan (geb. 1965) wagte 2009 eine neue Übertragung (Grasblätter, Hanser Verlag), die in zahlreichen Rezensionen Anerkennung fand. Während frühere Übersetzungen eine einheitliche Sprache Whitmans suggerierten, versuchte Brôcan, die unterschiedlichen Sprachstile in der langen Entwicklung der Leaves of Grass herauszuarbeiten. Obwohl dicht am Originaltext geblieben, erlaubte er sich auch einige poetische Freiheiten. Leider fehlte in der umfangreichen Ausgabe (immerhin 880 Seiten) das poetologische Vorwort zur Erstausgabe.

Im Februar 2017, nach 164 Jahren, wurde nun Whitmans verschollener Fortsetzungsroman Life and Adventures of Jack Engle (dt. Leben und Abenteuer von Jack Engle) wiederentdeckt, der 1852 anonym in der New Yorker Zeitschrift Sunday Dispatch erschien. Die abenteuerliche Geschichte des elternlosen Straßenjungen und angehenden Anwalts Jack Engle trägt dabei autobiografische Züge. Der Roman erinnert etwas an Oliver Twist von Charles Dickens. Neben der skizzenhaften Handlung und Figurenzeichnung sind besonders die Milieubeschreibungen zu erwähnen. Whitman gelingt es, dem Leser ein Bild von dem quirligen und geschäftstüchtigen New York in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu vermitteln. Bereits 2017 erschienen zwei deutsche Übersetzungen von Renate Orth-Guttmann/Irma Wehrli (Manesse Verlag) und Stefan Schöberlein (Verlag Das Kulturelle Gedächtnis). Im Jubiläumsjahr 2019 legt der Deutsche Taschenbuch Verlag nun eine Übersetzung von Jürgen Brôcan vor, die auch weitere journalistische Artikel von Whitman beinhaltet.

Doch zurück zu Walt Whitman, der erst 1882 auf Drängen seines Verlegers seine autobiografischen Betrachtungen – Tagebucheintragungen und Erinnerungen – zusammenstellte, die unter dem Titel Complete Prose Works (dt. Tagebücher, Reclam Leipzig 1985) erschienen. Während des Bürgerkriegs, im Dezember 1862, begab er sich an die Front in Virginia, um seinen verwundeten Bruder George zu pflegen; anschließend arbeitete er weiter als Wundpfleger in einem Militärkrankenhaus. Diese anstrengende Tätigkeit führte ihm die Grausamkeiten des Krieges vor Augen. Diese Erlebnisse reflektierte Whitman in dem Gedichtzyklus Drum-Taps (1865, dt. Trommelschläge). Selbst schwer erkrankt, kehrte er schließlich nach Brooklyn zurück.

Nach der Ermordung von Abraham Lincoln am 18. April 1865 verfasste Whitman O Captain! My Captain!, eines der populärsten Gedichte der US-Literaturgeschichte:

Das Schiff liegt heil vor Anker nun, die Reise ist nun aus,
Von schwerer Fahrt das Siegerschiff kam im Triumph nach Haus,
Jauchzt, ihr Gestade! Glocken dröhnt!
Ich aber knie in Not,
Wo auf dem Deck mein Käpten liegt,
Gefallen, kalt und tot.

Von 1865 an war Whitman Beamter in verschiedenen Regierungsbehörden (Innenministerium bzw. Generalstaatsanwaltschaft) in Washington, die er allerdings 1874 krankheitsbedingt (andauernde Schwindelanfälle) verlor. Nachdem sich seine Krankheit gebessert hatte, konnte Whitman einige Reisen unternehmen, unter anderem besuchte er seinen Bruder Jeff in St. Louis. 1875. Zum 100. Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeit erschien eine Jubiläumsausgabe von Leaves of Grass. Nach vielen Jahren hatte der Dichter endlich Anerkennung gefunden; so war bereits 1867 die erste Whitman-Biografie Notes on Walt Whitman as Poet and Person (John Burroughs) erschienen, der 1883 eine von ihm autorisierte Biografie durch seinen Freund und Schriftstellerkollegen Richard Maurice Bucke folgte. Ein Jahr später kaufte sich Whitman in Camden, New Jersey ein Haus. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich zunehmend; trotzdem arbeitete er weiter unermüdlich an seinen Leaves of Grass. Mit letzter Kraftanstrengung konnte er im Winter 1891/92 noch deren 9. Ausgabe (die sogenannte Death-bed Edition (dt. Sterbebett-Ausgabe)) betreuen. Nach monatelangem Leiden starb Whitman am 26. März 1892 in Camden und wurde auf dem Harleigh Cemetery beerdigt.

Walt Whitman war im 19. Jahrhundert der wortgewaltige Künder der Freiheit und Demokratie, der großen Städte und der Schönheit der freien Natur und gleichzeitig ein Verfechter des Individuums. Mit neuen Ausdrucksmöglichkeiten verhalf er der amerikanischen Lyrik zu internationaler Geltung. Dichter wie Ezra Pound, William Carlos Williams oder die Beat-Generation sahen später in ihm ihr Vorbild. Darüber hinaus wurde er zur Inspirationsfigur der Moderne; der Expressionismus oder Dichter wie Arthur Rimbaud, Fernando Pessao, Yvan Goll, Wladimir Majakowski, Pablo Neruda, Cesare Pavese und viele andere wären ohne ihn nicht denkbar. Der „gewaltige und einsame Monolith“ (Fritz Usinger (1895–1982)) war sich dieser Berufung durchaus bewusst:

Ich, voller Leben jetzt, greifbar, sichtbar,
vierzig Jahre alt im dreiundachtzigstem Jahr der Staaten,
sende einem, der ein Jahrhundert oder viele Jahrhunderte später lebt,
dir, dem noch Ungeborenen, diese Gedichte und suche dich.

Wenn du sie liest, bin ich, der sichtbar war, unsichtbar geworden,
und nun bist du es, der greifbar, sichtbar,
meine Gedichte zum Leben erweckt und mich sucht,
der sich vorstellt, wie glücklich er wäre, wenn ich bei ihm sein könnte
und sein Kamerad würde;
sei’s, als wäre ich bei dir! (Sei nicht zu sicher, dass ich nicht jetzt bei dir bin.)

Titelbild

Walt Whitman: Grashalme.
Übersetzt aus dem Englischen von Hans Reisiger.
Diogenes Verlag, Zürich 2019.
432 Seiten, 14,00 EUR.
ISBN-13: 9783257244977

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch

Titelbild

Walt Whitman: Leben und Abenteuer von Jack Engle. Autobiographie, in welcher dem Leser einige bekannte Gestalten begegnen werden.
Herausgegeben und aus dem amerkanischen Englisch übersetzt von Jürgen Brôcan.
dtv Verlag, München 2019.
221 Seiten, 22,00 EUR.
ISBN-13: 9783423281683

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch