Wenn Realität auf Rhetorik trifft

Hannah Rieger nimmt in „Die Kunst der ‚schönen Worte‘“ die „Rede- und Erzählstrategien im ‚Reynke de Vos‘“ in den Blick

Von Jörg FüllgrabeRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jörg Füllgrabe

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dass Füchse mittlerweile längst nicht mehr nur dort vorkommen, wo sie sprichwörtlich Hasen ‚gute Nacht‘ sagen, sondern auch im urbanen Raum, ist ein Umstand, der mit der Zersiedelung durch die Menschen und dem damit einhergehenden Verlust von natürlichen Lebensräumen und Rückzugsgebieten zu tun hat. Interessant ist dabei, dass Tiere im Allgemeinen und Füchse im Besonderen in der Gegenwart selten noch zu Protagonisten in den audiovisuellen Medien werden, und auch in der Literatur denkt man hier allenfalls an den Grass’schen Butt, der aber auch schon seit einigen Jahrzehnten seine Runden zieht. Gleichermaßen verlieren sich allmählich die traditionellen Zuschreibungen respektive Charakteristika, die in der Tradition der Fabeln Tieren zugewiesen wurden.

Womöglich ist das hinsichtlich des füchsischen Protagonisten insofern anders, als ‚Fuchs‘ und ‚listige Gewandtheit‘ durchaus noch als sinntragendes Paar verstanden werden. Und auch heute noch schwingt die Vorstellung mit, dass diese Form von Klugheit nicht unbedingt altruistisch ist, sondern eher in den Kontext der Norm- oder Rechtsdehnung fällt, die – um es vorsichtig zu formulieren – nicht für alle Beteiligten unbedingt von Vorteil ist. Dies war in den mittelalterlichen Dichtungen noch sehr viel deutlicher ausgeprägt, weil hier der Fuchs als Tier unter Tieren agierte, die ihrerseits weitgehend als stereotypisierende Charaktere angelegt waren, durch die eine Möglichkeit der Weltdeutung geboten wurde.

Das Charakteristikum des Fuchses in dieser modellhaften Welt war es, rhetorische Techniken zur Durchsetzung der eigenen Interessen einzusetzen. Diesem Interagieren geht Hannah Rieger in ihrer Publikation Die Kunst der ‚schönen Worte‘ zum Reynke de Vos nach, indem sie – so der Text auf der Buchrückseite – „erstmals eine Gesamtdeutung des mittelniederdeutschen Klassikers vor[legt]“. Nun sollte angesichts einer etwa zwei Jahrhunderte umfassenden germanistischen Forschung, die sich gerade in ihren Anfängen auf das Mittelalter und auch die mittelalterliche Fabeltraditionen kaprizierte, eine stringente Kombination von Attributen wie „erstmals“ und „[g]esamt“ vorsichtige Verwendung finden – auch wenn davon auszugehen ist, dass hier an prominenter, gut sichtbarer Stelle vornehmlich der Aspekt der Werbung für diese Formulierungen ausschlaggebend war.

Der Autorin gelingt es indes auf charmante Weise, auf der ‚akademisch-tierischen Welle‘ mitzuschwimmen, die in den vergangenen Jahren dazu geführt hat, dass mittelalterlich-frühneuzeitliche Fabeldichtung und verwandte Sujets vermehrt in den Fokus der Forschung getreten sind. Dies greift Hannah Rieger auch grundsätzlich in der knapp 30 Seiten umfassenden Einleitung auf, in der neben dem Reynke selbst zunächst die Gattungstradition vorgestellt wird, bevor dann mit Blick auf die Forschungsgeschichte die eigene Fragestellung dargelegt wird. Dass hierbei zugunsten des Primärbezugs auf eine „Gerichtsrhetorik“ der Aspekt der politischen Rede eher hintangestellt wird, mag etwas irritieren, da die eben diese Verankerung in ein imaginiertes (formal-)juristisch entwickeltes und etabliertes System im Tierreich ja per se zumindest indirekt politisch ist. Dass die Autorin dann aber in der Diskussion um Ähnlichkeiten und Unterschiede zum Typus des „Schelmen“ die Einordnung des Fuchses als „Trickster“ weitgehend uneingeschränkt favorisiert, erstaunt insofern, als dieser eigentlich eher in der Sphäre religiöser Traditionen und Traditionserzählungen beheimatet ist. Fairerweise muss erwähnt sein, dass dieser Bezug von Hannah Rieger in einer Fußnote behandelt wird und an dieser Stelle dem Reynke – wenngleich eher randständig – eine Art religiöser Habitus zugeeignet wird. Bereits in der Einleitung wird auch auf die Ambivalenz der vermeintlich so erfolgreichen Rhetorik des Reynke verwiesen, deren vermeintlich so erfolgreiche Resultate, da hier eben List und Tücke zum Einsatz kamen, vor der göttlichen Ewigkeit keinen Bestand haben können.

Rieger entwickelt ihre Argumentation anhand dreier Redeblöcke des Reynke. Da ist zunächst der Auftritt des Fuchses vor Gericht („Die erste Rede Reynkes“), in dem als erstes der „Schatz des Fuchses“ und als zweiter Hauptblock unter den Titelstichworten „Poetik und Politik“ die Fragen nach Herrschaftslegitimation sowie deren Umwertung respektive Unterwanderung in den Blick genommen werden. Die „dritte Rede Reynkes“ fällt aus dem in den ersten beiden Großabschnitten vorgegebenen und von gewissermaßen formalen Kriterien überprägten Redeort Gericht, dem regulierten Ambiente einer juristischen Verhandlung, heraus. Hier untersucht die Autorin das rhetorische Agieren, durch das der Protagonist den ihm körperlich deutlich überlegenen Bären in die Irre führt und betrügt.

Ausgangspunkt sind die Klagen der Tiere über das räuberisch-mörderische Verhalten des Fuchses, dem unter anderem auch Hühner zum Opfer gefallen sind, und bereits der erste ausgewählte Textabschnitt, der um Reynkes Kenntnis eines (fiktiven) Schatzes kreist, allerdings in den Missetaten des Tieres begründet liegt, zeigt die Strategie sowohl der Erzählung als auch der Autorin auf. Denn dass der listige Fuchs hier letztlich erfolgreich ist, scheint vom Beginn her nahezu ausgeschlossen, hat er doch die ersten beiden Gerichtsboten, Brun den Bären und Hyntze den Kater, nicht nur abgewiesen, sondern überdies geschändet. Erst Grymbart, der Dachs, der in der Erzählung zumindest eine entfernte Verwandtschaft zum Fuchs aufweist, kann den widerborstigen Sünder dazu bewegen, sich dem Gericht zu stellen. Womöglich ist es die vom Dachs vorgebrachte Mischung aus Drohung und moralischem Appell, die den Ausschlag gibt; in jedem Fall ist Reynke in einer denkbar schlechten Position, die anscheinend nur die totale Unterwerfung als Option lässt, um zwar nicht ungeschoren, aber immerhin lebend aus der Sache herauszukommen. Hier nun aber kommt die genialisch-taktierende Rhetorik des Fuchses zum Zug, bittet er die dem Gericht beiwohnenden Tiere, bevor er aus der Welt scheiden müsse, doch, dat gy wyllen bydden den konnyck zu dat yk maghe spreken vor yw myne bycht. Und wer wollte – noch dazu in einer formal legitimierten Gesellschaft – so hartherzig sein, einem reuigen Sünder vor dessen Hinrichtung die öffentliche Beichte zu verweigern?

Diesem Exordium, also der umfassenden einleitenden Rede vor Gericht, folgt dann der eigentliche Coup des Fuchses. In dieser ‚Narratio‘ unterwirft Reynke sich vermeintlich der tierischen Gesellschaft, indem er relevante Informationen dahingehend liefert, dass er von einem Schatz wisse, den er teilen zu wollen vorgibt. Kenntnis erlangte er durch die Beobachtung seines Vaters, als dieser den Schatz versteckte. Es schwingt hier doppeltes Unrecht mit, wird doch zum einen nicht klar, woher der Vater Reynkes diesen Schatz hatte, zum anderen raubt der Sohn diesen Besitz des Vaters.

Dabei entwickelt die Autorin ein stringentes Muster dieser füchsischen Strategie, indem sie die Argumentation des Fuchses anhand der Termini historia, argumentum sowie fabula darstellt. Neben dem Bezug auf die bekannte Fabel von der Königswahl der Frösche, mit der Reynke einen gesamtgesellschaftlichen Rahmen zu liefern trachtet, verwendet der Angeklagte auch andere argumentative Substrategien und Topoi, die über eine Metaebene die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen bestätigen sollen. Dabei offenbart das Tier mit der Lokalisierung des vermeintlichen Schatzes an einem Ort namens Krekelput (‚Zankgrube‘) die Fragwürdigkeit seiner Behauptung. Dieser Platz – ein Synonym für ein Utopia – ist genauso fiktional wie der dort angeblich verborgene Schatz. Um das gleichwohl noch vorhandene Misstrauen des königlichen Löwen zu zerstreuen, wird als ebenfalls wissendes Tier Lampe, der Hase, als Zeuge für die Existenz des Schatzes zitiert. Dessen Bestätigung enthält allerdings den Hinweis auf die Lüge Reynkes. Während aber der König und seine Tiere diesen nicht erkennen, tut der Fuchs dies sehr wohl – die Konsequenzen für das Langohr sind tödlich.

Für den Protagonisten freilich zahlt sich das Tricksen aus. Der Hinweis auf den Schatz und das Versprechen, diesen zu teilen, wird für Reynke zur ‚Halslöse‘, das heißt, er kann sich vor dem Galgen retten. Nebenbei sei noch der Hinweis gestattet, dass Schatz und Herrschaft zumindest in der Völkerwanderungszeit und auch noch im Frühmittelalter eng miteinander verbunden waren. Für die historische Ebene sei daran erinnert, dass etwa die Westgoten ihren Königsschatz vor den maurischen Invasoren versteckten, um den Invasoren zumindest diese Möglichkeit der Herrschaftslegitimation vorzuenthalten; literarisch wird dieser Aspekt intensiv im Nibelungenlied aufgegriffen und verarbeitet.

Auch Reynkes zweite Rede findet Vorbilder in den mittelniederländischen Fuchsepen und wurde vom niederdeutschen Verfasser in seine Erzählung eingearbeitet. Sie stellt dahingehend eine Fortsetzung der ‚Schatzerzählung‘ dar, als sie sich auf drei Preziosen aus diesem fiktiven Hort bezieht, die Reynke dem als königlichen Gesandten agierenden Bock vor seiner vorgeblichen Pilger- beziehungsweise Bittfahrt nach Rom überreicht haben will. Das vermutlich relevanteste Stück ist ein magischer Ring, dessen Wirkkraft durch einen jüdischen Gelehrten gewährt sei; und nicht erst seit dem ‚Ring des Nibelungen‘ werden mit den entsprechend aufgeladenen Ringen magische Fähigkeiten, Stärke, aber auch politische Macht verknüpft, wie nach mittelalterlicher Lesart der Besitz des Hortes allgemein ein Mittel herrschaftlicher Legitimation darstellte.

Die beiden anderen Stücke hingegen, Kamm und Spiegel, fallen eher in ein ‚märchenhaftes‘ Spektrum, werden von der Autorin jedoch als „Träger exemplarischer Erzählungen“ hervorgehoben. Insbesondere der Spiegel wird hier in den Blick genommen, lassen sich doch hier Argumentationsmuster für die gewählte Fragestellung entwickeln. Hier sieht Hannah Rieger den Spiegel unter anderem als „Scharnier zwischen Politik und Poetologie“. Die umfangreiche und mehrfach untergliederte Bearbeitung des Spiegel-Motivs wird durch einige Illustrationen begleitet, die die Zitate beziehungsweise das Heranziehen anderer Erzähltexte zum Sujet bebildern, die in einer zeitgenössischen Sammelhandschrift vorliegen. Dass hierbei also explizit Bezug auf den ‚Spiegel‘, eben jene prominente Fabelsammlung, Bezug genommen wird, schadet selbstverständlich nicht, ist aber für die Argumentation auch nicht unbedingt erforderlich. Und so lockern die Abbildungen zwar den Textfluss auf, ohne dass jedoch eine tatsächliche Notwendigkeit für die verfolgte Fragestellung deutlich gemacht werden würde.

Wesentlich verbunden mit dem Spiegel ist die Kombination aus Selbstvergewisserung und Eitelkeit, die von Reynke unter Betonung der ersteren für sein weiteres Vorgehen herangezogen wird. Dabei werden Provokationen und Brüche erkennbar (und von der Autorin in ihre Argumentation eingebaut), die trotz ihres zu erwartenden Potenzials des füchsischen Scheiterns dem listigen Protagonisten zum Vorteil gereichen. Dabei spricht eigentlich nichts dafür; anstelle der Schmuckstücke transportiert Bellyn der Bock, der zusammen mit Lampe den Fuchs auf seiner Wallfahrt angeblich hätte begleiten sollen, den Schädel des getöteten Hasen. Täuschung, Provokation, umgekehrte Spiegelbildlichkeit: Die Botschaft an den königlichen Löwen soll sein, dass seine Herrschaft allenfalls noch bedingt legitimiert ist. Und nicht nur wird der getäuschte Bote schließlich zum Opfer und der Gegenspieler, Ysegrim der Wolf, im Rahmen eines Machtkampfes ausgekontert, sondern die gesamte Herrschaftsstruktur des tierischen Königreiches wird infrage beziehungsweise auf neue Fundamente gestellt.

Die von Rieger hier herangezogenen Quervergleiche, die zumeist – wohl der Frage des Umfangs geschuldet – eher im Rückgriff auf Sekundärliteratur erfolgen, überzeugen mitunter nicht vollständig, was zumeist jedoch die Fragestellung nicht berührt. Insbesondere hinsichtlich des Spiegel-Motivs wird schlüssig gemacht, wie die füchsische (Erzähl-)Strategie aufgeht. Inwieweit die Idee einer Art Dynastiebildung trägt, mag dahingestellt bleiben, zumindest aber zeichnet sich gewiss die Gewitztheit Reynkes generell nicht nur dadurch aus, dass hier List und Bereitschaft zur Lüge zum Tragen kommen, „sondern dass sie in Form elaborierter füchsischer Rede- und Erzählstrategien dargestellt wird, die unter den Vorzeichen von Klugheit und List zum Einsatz gebracht werden“.

Demgegenüber ist der dritte Redeteil nicht explizit auf die machtpolitischen Verhältnisse am Hofe des Löwenkönigs sowie deren Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit der Untertanen dieses Herrschers bezogen, sondern geht eher auf allgemeine Frage- und Redekonstellationen ein. Zwar bezieht die Autorin auch hier alles im weiteren Sinne auf den Fuchs, aber „es soll der Gebrauch exemplarischer Erzählungen im Tierepos außerhalb der Reden des Fuchses in den Blick genommen werden“. Demnach geht es „um konkrete Anwendungsfälle dessen, was Reynke in den exponierten Situationen seiner Reden vor Gericht vorführt und dabei auch implizit entwickelt“. Über analoge Konstellationen wird eine Metaebene entworfen, von der aus auch stilistische und textgeschichtliche Aspekte untersucht werden. In diesem Kontext werden etwa auch Fabel und Bîspel als Ausformungen antiker Rhetorik und christlicher Allegorese gegenübergestellt und auf den Reynke-Text bezogen.

Über die Honigmetaphorik, die im Zusammenhang mit der rhetorischen Bearbeitung des Bären durch Reynke im Fokus steht, entwickelt Hannah Rieger also eine Erweiterung der Perspektiven dahingehend, dass weiterführende Zuordnungen, Bezugnahmen auf die niederländischen Vorlagen sowie Aspekte einer kasuistischen Struktur des Reynke de Vos verdeutlicht werden. Im Zusammenhang mit den verschiedenen Ebenen der Honigmetaphorik werden Bezugnahmen auf konkrete wie spirituell geprägte Muster entwickelt, die über die Handlungsmotivation des listklugen Fuchses hinausweisen und so die reine Erzählstruktur erweitern, denn „die Aufgabe der Abwägung zwischen Nützlichkeit und moralischer Richtigkeit liegt hier […] beim Rezipienten“.

Bevor Rieger in einem abschließenden „Ausblick“ die Aufnahme von Strukturen und Motiven des Reynke in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Texten und Textsammlungen ausführt, zieht sie unter dem Titel „Reynkens Kunst“ bezogen auf „füchsische Rede- und Erzählstrategien“ des Protagonisten ihr Fazit. Dabei hebt sie besonders die ‚Anwendungsaspekte‘ hervor, denn es bringt „das Epos den Rezipienten nun tatsächlich auf einen ‚Honigmarkt‘, aus dessen breitem Angebot er sich sein Material zusammenstellen kann, möchte er […] ein ‚reynke vosz‘ werden“. Diese Schlussfolgerung ist so ‚richtig‘, dass sich die Frage nach ihrem Aussagewert aufdrängt; vielleicht wurden deshalb auch die „literaturhistorischen Fluchtlinien“ als eigentlicher Abschluss gewählt.

Hier liefert die Autorin nun in der Tat interessante Anknüpfungen, die gerade auch hinsichtlich nicht nur einer literaturgeschichtlichen Einbindung, sondern eben daran anschließender Themen- und Motiventwicklungen sowie der entsprechenden Verknüpfungsaspekte von Interesse sind. Und in der anwendungsorientierten beziehungsweise moralisch ausgerichteten Ausdeutung wird der Text über den „listklugen“ Fuchs „zumindest in seiner Ambivalenz wieder in das spätmittelalterliche Wertesystem eingehegt“.

Die Publikation reiht sich in die in jüngerer Vergangenheit zu beobachtende Thematisierung mittelalterlicher Fabeln und Tierdichtungen ein, die zum Teil auch in der umfangreichen Bibliographie Erwähnung findet. Die gewählte Frage- respektive Themenstellung und die Struktur des Ganzen vermögen insgesamt zu überzeugen, auch wenn im Detail vielleicht andere Akzente zielführender gewesen und die eine oder andere Schlussfolgerungsalternative besser noch berücksichtigt worden wäre. Dementsprechend wird sich das Buch sicherlich trotz des ernüchternden Verkaufspreises als ein weiterer Mosaikstein im Gefüge einer Betrachtung tierischer Protagonistinnen und Protagonisten in der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Literatur auch in Privatbibliotheken einfügen lassen und ist als solcher Baustein lesenswert. Hierzu kann denn auch die umfangreiche Bibliographie beitragen, die bis in die aktuelle Zeit hinein einen adäquaten Überblick zu Forschungsgeschichte und Forschungsstand liefert.

Grundsätzlich gilt: Sowohl die ausgewählten Textabschnitte als auch der grundsätzliche Aufbau lassen deutlich die Gedankenstränge (und letztlich Handlungsstrategien) des listigen Fuchses erkennen, der mit Sprachmacht, der Kunst der ‚schönen Worte‘, eigentlich alles erreicht. Dass er dabei, wenn die Kräfteverhältnisse für ihn günstig liegen, auch nicht vor Gewalt zurückschreckt, macht die Persönlichkeit des ‚Machiavellisten‘ quasi rund. Auch wenn vermutlich so nicht intendiert, sind Parallelen zu noch Lebenden (Menschen, nicht Tieren!) durchaus erkennbar. Die Versuchung ist also gegeben, das vorliegende Buch samt zugrundeliegendem Text als Ratgeberliteratur zur Erreichung persönlicher wie beruflicher Ziele zu verwenden. Doch Obacht: Wer dies tut, mag auf Erden vielleicht Erfolg haben, verletzt aber – wie immer wieder betont – nicht nur die Regeln der Ethik, sondern fügt auch dem eigenen Seelenheil erheblichen Schaden zu!

Ein Beitrag aus der Mittelalter-Redaktion der Universität Marburg

Titelbild

Hannah Rieger: Die Kunst der ’schönen Worte‘. Füchsische Rede- und Erzählstrategien im „Reynke de Vos“ (1498).
Narr Francke Attempto Verlag, Tübingen 2021.
282 Seiten, 88,00 EUR.
ISBN-13: 9783772087363

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch