Vorbemerkungen zur November-Ausgabe von literaturkritik.de

Der Wahltag in den USA liegt nun zwei Wochen zurück. Ein Ergebnis von offizieller Stelle steht zwar noch aus, doch ist der Wahlsieg Joe Bidens nicht mehr von der Hand zu weisen, trotz zahlloser Klagen seitens Donald Trumps und seines Anwaltsteams. Leider haben diese Wahlen gezeigt, dass das Wahr- und Ernstnehmen von faktenbasierten Informationen immer mehr erodiert. Mehr noch: Dass der Verlierer einer Wahl einfach behauptet, er habe gewonnen, auch wenn die Zahlen eindeutig das Gegenteil beweisen, ist ein Vorgang von fast dystopischer, also letztlich auch literarischer Dimension.

Dies konnten wir natürlich nicht wissen, als wir unseren Schwerpunkt zur US-Wahl geplant haben. Tatsächlich sollte er zunächst vor der Wahl erscheinen, kurzfristig entschieden wir uns jedoch dazu, ihn direkt nach der Wahl zu veröffentlichen (damit unsere Autoren das Ergebnis in ihren Texten und Gesprächen berücksichtigen können). Doch als sich kein schnelles Ende der Auszählungen abzeichnete, wurde das Heft ein weiteres Mal verschoben – bis dann ein Ergebnis vorlag, das in den Texten auch eine Rolle spielen würde.

So schreibt nun der Germanist Joseph O’Neil aus Lexington/Kentucky über die Wahl aus Sicht eines Demokraten in ‚Trumpland‘. Sascha Seiler diskutiert die Rolle, die Identitätspolitik bei der Spaltung der USA spielt, und gibt darüber hinaus einen Überblick zur jüngsten Trump-Literatur. Des Weiteren sprach er mit Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni, dessen eigene Familie – der Journalist ist mit einer Amerikanerin verheiratet – von der Spaltung in zwei politische Lager betroffen ist. Zu guter Letzt reflektieren Dieter Kaltwasser über die wichtigsten aktuellen Sachbücher zu den USA unserer Gegenwart und Dieter Lamping über das neue Album von Bruce Springsteen.

Ein weiterer Themenschwerpunkt in dieser Ausgabe befasst sich mit Paul Celan, der vor hundert Jahren, am 23. November 1920, geboren wurde. Die Beiträge ergänzen die zu Celans 50. Todestag in der Mai-Ausgabe 2020.

Dazu präsentieren wir das gewohnt breite Spektrum an Besprechungen zu neuen literarischen und wissenschaftlichen Werken sowie weiteren Sachbüchern.

Die Redaktion