Ihr Schreiben war (Über)leben

Helmut Braun hat ein beeindruckendes Lebensbild der Dichterin Rose Ausländer verfasst

Von Klaus HammerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Klaus Hammer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Heimatverlust und permanentes Unbehaustsein, Identität und Fremdheit, Lebensferne und Lebenshunger, Verwundbarkeit und Kompromisslosigkeit, Zorn und Zärtlichkeit, Bitterkeit und Sehnsucht öffneten provokativ und produktiv bei Rose Ausländer einen inneren Gesprächsraum mit der Sprache. Aus diesem Gespräch mit der Sprache lebt ihr Gedicht, ihm entspringt es. Denn Schreiben bedeutete für sie Erfinden und Finden im Wort, auch existentiell verstanden als „Überleben im Wort“, Schreiben bedeutete überhaupt „Leben, Überleben“. Der lyrische Dialog mit einer aus Distanz erinnerter, einer gelebten wie geträumten Wirklichkeit bedingt den „hohen Grad an Repräsentanz“, den gerade ihre Spätlyrik auszeichnet. Während viele ihrer ins Exil getriebenen jüdischen und deutschen Dichtergefährten in Verzweiflung, Resignation und Selbstaufgabe verfielen, führte sie das Schreiben, um zu überleben, zu einer Selbstbehauptung und Widerstandskraft, zu einem unermüdlichen, ungebrochenen Schaffen, zu einer Erwiderung auf endlose Fragen, die ansteckend auch auf die Leser ihrer Gedichte wirkt. In ihren eigenen Worten: „Ich habe, was man Wirklichkeit nennt, auf meine Weise geträumt, das Geträumte in Worte verwandelt und meine geträumte Wortwirklichkeit in die Wirklichkeit der Welt hinaus geschickt. Und die Welt ist zu mir zurückgekommen“.

Helmut Braun, Vorsitzender der Rose-Ausländer-Gesellschaft und Herausgeber ihres Gesamtwerkes, hat die Dichterin die letzten 13 Jahre bis zu ihrem Tod 1987 betreut Er war seit 1977 ihr „Sekretär“ und Gesprächspartner, der ihre Biografie recherchierte, und verwaltet nun ihren Nachlass. Es gibt wohl keinen Berufeneren als ihn, um über das Leben und Werk Ausländers Auskunft zu geben, und das von ihm in der Reihe Jüdische Miniaturen des Hentrich & Hentrich Verlages Berlin vorgelegte Lebensbild der Dichterin ist trotz oder gerade wegen seiner Kürze – etwas über 100 Seiten – eine überzeugende monografische Darstellung geworden.

Braun weist darauf hin, dass Ausländers Schreiben biografisch ist und eine ungewöhnlich enge Verknüpfung von Leben und Werk darstellt. Wie ihre Lebensgeschichte  eine Geschichte von immer neuen Versuchen zu überleben ist, so sind auch ihre Gedichte keine resignativen Verzichtserklärungen, sondern Zeugnisse eines Kampfes gegen das Aufgeben der eigenen Ansprüche, gegen das Zurücknehmen der Forderungen an sich und andere – gegen das alltägliche Sterben im Leben:

Ich verzichte/ nicht/ auf Blumen und Musik/auf meinen Zorn/ über das Hungern Tausender/ auf das Lächeln eines Menschen/ auf harte und zarte Worte/ auf das Da-Sein/ in einer unfassbaren Welt// Ich verzichte gern/ auf den Tod/ der nicht auf mich verzichtet.

Diesem Lebens- und Dichtungskanon folgt auch der Biograf in seiner Vorgehensweise, das Leben und Werk der Dichterin in engem Konnex zu behandeln. In 70 Jahren hat Ausländer 3.000 Gedichte geschrieben, davon wurden 2.500 veröffentlicht. Das Schreiben gab ihr die Kraft zum Weiterleben. Sie schrieb in Intervallen, hochkreativen Schreibphasen folgten Phasen totaler Schreiblähmung. Während in einem Jahr fast gar nichts entstand, verfasste sie in einem anderen etwa 200 Gedichte. Sie datierte sie nicht und mischte in ihren Gedichtbänden Altes und Neues. Am Komplex der Eva-Gedichte erläutert Braun aber das durchdachte Arbeiten der Dichterin: In einem Zeitraum von mehr als 50 Jahren hat sie in 52 Gedichten den Eva-Mythos neu erfasst, umschrieben und konsequent weiterentwickelt.

Wie ihr jüngerer Dichterkollege Paul Celan stammte auch Ausländer aus Czernowitz im damaligen österreichischen Kronland Bukowina und wuchs in jüdisch-deutscher Bildungstradition auf. Die vielsprachige und multikulturelle Welt der Bukowina, in der Ruthenen, Rumänen und Deutsche, polnische und ungarische Minoritäten lebten, in der germanische und slawische, christliche und jüdische Strömungen sich begegneten, wurde der Quellgrund ihrer Dichtung. Doch bereits in jungen Jahren musste sie in die USA auswandern, um dort als Journalistin eine neue Existenz aufzubauen. Erste Gedichte erschienen in dortigen deutschsprachigen Medien. 1930 kehrte sie in ihre Geburtsstadt Czernowitz zurück (die Bukowina stand inzwischen unter rumänischer Staatshoheit) und schlug sich als Sekretärin, Übersetzerin, Englischlehrerin und als Arbeiterin in einer chemischen Fabrik durchs Leben. 1939 kam ihre erste Lyriksammlung Der Regenbogen heraus, mit Gedichten in strengen metrischen Formen, strophischen Kompositionen und Reimen.

Als Adolf Hitlers SS 1941 Czernowitz besetzte, begann das Leiden der Juden in der Bukowina. Zu den 5.000 Überlebenden – allein 55.000 Czernowitzer Juden wurden hingerichtet – gehörte Ausländer, die die jetzt russische Bukowina verließ und nach Bukarest ging. Der ebenfalls aus diesem Gebiet kommende Lyriker Alfred Margul-Sperber, der schon 1928 die große Begabung der jungen Dichterkollegin erkannt hatte, nannte sie in ihrer Abschiedslesung im Bukarester Dallas-Saal die „schwarze Sappho unserer östlichen Landschaft“. Denn 1945 wanderte Ausländer zum zweiten mal in die USA aus, vermochte zunächst nur in Englisch, nicht in ihrer Muttersprache, der Sprache, die sie mit den Mördern ihres Volkes teilte, zu dichten. 1957 trat sie eine Europareise an und traf in Paris Celan wieder, der sie zu einer radikalen Änderung ihres Schreibstils anregte. Seit 1965 hielt sie sich in Deutschland auf, lebte von 1972 an im Nelly-Sachs-Haus der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf und erklärte sich 1978 als bettlägerig. Sie schirmte sich von der Öffentlichkeit ab und ließ nur wenige vertraute Menschen zu. Sie wollte sich in den letzten zehn Lebensjahren ausschließlich ihrem dichterischen Werk widmen, Gedichte vollenden oder neu schreiben. Sie starb 1988 in Einsamkeit, bis zuletzt Gedichte gegen das alltägliche Sterben schreibend – Gedichte, die immer lapidarer und strenger, zugleich melodisch-liedhaft wurden, reduziert bis zum bloßen, offen liegenden Kern.

Ihr Werk teilt Braun in sechs große Kapitel ein: Gedichte zur Bukowina/ Heimat, Kindheit und Jugend; Gedichte zum Judentum; Shoah-Gedichte; Exilgedichte; Gedichte zur Sprache als lyrisches Ausdrucksmittel, als Handwerk und als Heimat; Gedichte von der Liebe, vom Altwerden und vom Tod. Ausländer hat in der Tat jede ihrer Lebensetappen auch poetisch reflektiert. Ihre Gedichte sind Selbstdarstellungen ihres Lebens, sie halten Rechenschaft über Vorgänge, denen sie und das jüdische Volk ausgesetzt waren. Bis in Kindheit und Jugend reichen die Anklänge an das Judentum, besonders an das Ostjudentum und den Chassidismus zurück. Lebenslang hat sie sich mit der Philosophie Baruch de Spinozas und der Weiterentwicklung des spinozistischen Pantheismus durch Constantin Brunner beschäftigt. Ihrer Beziehung zur Heimatlandschaft Bukowina, zu ihren geografischen Lebensstationen, zu Menschen, zum Geliebten, zu den Eltern, zu Künstlerkollegen wie Sachs, Käthe Kollwitz, Celan, Paul Cézanne, Pablo Picasso, Marc Chagall, Heinrich Heine oder GeorgTrakl hat sie ergreifenden Ausdruck verliehen. In einem einzigartigen Reichtum von Bildern und Stimmungen, Märchen und Mythen beschwört sie Urthemen und Urworte der Poesie, spricht vom Atem, von der Erde, von Trauer und Tod, von Mond und Sternen, Glück und Traum, Vogel und Blume Diesen Urbegriffen vermag sie durch das Zusammenfügen von scheinbar Gegensätzlichem ganz neue Facetten abzugewinnen. Die Metaphernfelder sollen eine Welt fassbarer wie geträumter Wirklichkeiten eröffnen, einen erinnerungsreichen Assoziationsraum, der sich jedem Leser auf ganz eigene Weise erschließt.

Braun gibt schlüssige Interpretationen, etwa zu dem Gedicht Meine Nachtigall, das er aus dem Mutter-Verhältnis der Dichterin ableitet. Das Ich, das hier die Nachtigallmutter beschwört, ist Ausländer selbst. Denn als die Mutter starb, konnte die Tochter nicht an ihrem Sterbebett sein. Die Shoah hatte das verhindert. Dieses Versäumnis belastete Ausländer ihr Leben lang. Aber die Dichtung, so stellt Braun fest, verdankt dieser belastenden Konstellation eines der schönsten Muttergedichte überhaupt. Zu einem ihrer bekanntesten Gedichte, „Celans Grab“, das Karl Krolow 1974 interpretierte, wobei dieser davon ausging, dass die Dichterin vor dem Grab auf dem Pariser Vorortfriedhof Thais gestanden haben muss, bemerkt Braun, dass die Dichterin mit dem wild wachsenden Mohn auf der von ihr nie aufgesuchten Grabstätte sowohl Celan zitiert als auch sich selbst einbringt.

Merkwürdig nur, dass Braun Rose Ausländer nicht als „jüdische“ Dichterin einordnen will, zumal doch seine Darstellung in der Reihe Jüdische Miniaturen erschienen ist:

Dass sie zunächst ausdrücklich als Dichterin der Shoah – wobei Shoah und Judentum gleichgesetzt waren – wahrgenommen wurde, macht sie nicht zur jüdischen Dichterin, selbst dann nicht, wenn ihr ganzes Werk, welches sie nach der Shoah schreibt, durch dieses Leid und dieses traumatische Erleben geprägt ist, gleichgültig, ob sie unmittelbar dazu schreibt oder das Erleben als Metatext in allen Gedichten mitgelesen werden muss.

Doch wenige Seiten später, als er sich zu dem Gedicht Jerusalem äußert, spricht Braun davon, dass sie ihre Zugehörigkeit zum Volk der Juden nie in Frage gestellt, aber mit und nach der Shoah ein solidarisches Bekenntnis zu ihrem Volk der entrechteten, verfolgten, ermordeten Juden abgegeben habe. 

Wie ist das zu verstehen? Es kann durchaus sein, dass Braun aus seiner persönlichen Nähe zur Dichterin über Kenntnisse verfügt, die der Öffentlichkeit nicht weiter bekannt sind. Aber aus dem Werk Ausländers geht doch recht eindeutig ihre jüdische Identität hervor. Die chassidischen Kindheitserinnerungen liefern bis in ihr hohes Alter den Grundstoff und die archetypischen Bilder ihrer poetischen Weltsicht. Angesichts der lebensbedrohenden Realität der Jahre 1941/44 hatte die Jüdin nur zwei Möglichkeiten gesehen:

Entweder man gab sich der Verzweiflung preis, oder man übersiedelte in eine andere Wirklichkeit, die geistige. Wir zum Tode verurteilten Juden waren unsagbar trostbedürftig. Und während wir den Tod erwarteten, wohnten manche von uns in Traumworten – unser traumatisches Heim in der Heimatlosigkeit. Schreiben war Leben. Überleben.

Diese Aussagen  muten wie eine Kommentierung ihrer Gedichtes Biographische Notiz an, in der als Folge der Erinnerung an die „brennende Nacht“ der NS-Zeit ihr Unterwegssein ohne Heimat beschworen wird. Die ganze Bukowina hat sich in einen gelben Stern verwandelt, fern von den anderen, „auf dem wir stündlich starben in der Galgenzeit“. Der gelbe Stern ist das stigmatisierte Symbol für das jüdische Volk und zugleich, metaphorisch gesprochen, ein ganzer Planet, auf dem es kein Entrinnen vor dem Morden gibt. Dem Stern im Kosmos entspricht die „Luftschaukel“, die das lyrische Ich mit den Kontinenten verbindet. Aber die Rückkehr auf die Erde, in die Heimat ist ihm verwehrt. „Fliegen“ und „Luft“ sind hier die Entgegensetzungen zur Erd- und Bodenhaftung. Deshalb kann auch nicht mehr von einem „Wohnen“ im Haus, in Sicherheit und Geborgenheit, sondern nur noch von einem unsteten, risikovollen „Leben“ gesprochen werden. Aber mit der Ortlosigkeit ist doch die Bewegung als allein lebendiger und Leben zeigender Vorgang verbunden. Zudem bekundet der Übergang vom Ich zum Wir, zum kollektiven Wir der Ghetto-Bewohner wie der exilierten Juden ein Gemeinschaftsgefühl – im Leiden wie in der Selbstbewahrung, ja auch in der Widerständigkeit, denn das Gedicht versteht sich als Bewegung, Unterwegssein, das durch die tödliche Wirklichkeit der Zeit auf eine andere, „ansprechbare Wirklichkeit“ zuhält. Der mal stockende, unterbrochene, innehaltende, dann wieder flutende und verändernde Rhythmus des Gedichtes ist genauso wichtig wie die einzelne Aussage. Und gerade dieses Unterwegssein ohne Heimat ist jüdisches Schicksal. Die Sprache ist die letzte verbleibende Heimat und Behausung geblieben.

Braun weist selbst anschaulich nach, wie die empirische Realität bei Ausländer auch die logische Struktur der Sprache zersprengt. Der Bruch in der Lebensgeschichte durch die Shoah, die vielfältige Destruktion der Lebenslinie durch die erlittene Bedrohung wird durch den Zusammenbruch des syntaktischen Gefüges deutlich. „So entspricht der Zerfall der Form den Brüchen des individuellen Lebenslaufes“, schreibt auch Jutta Kristensson. Die bewusste Zertrümmerung der Sprache und Denkgesetze entbindet zugleich Assoziationskraft und Musikalität, die ihre Entstehung einem spürbaren Denk- und Willensakt verdanken, dem Prinzip der Montage. Die Montage durchstößt den natürlichen Zusammenhang der Dinge und der Sprache und erschafft gerade dadurch ein Reich der Töne, Träume und Mythen. Die Montage ihrer Erinnerungen befähigt die Dichterin, Wirklichkeit zu transzendieren und eine von ihr losgelöste, absolute Welt der Imagination zu schaffen. In den zusammenhanglosen, kontrastiven Bildern wird die Grundspannung von Leben und Geist, Natur und Kunst, Realität und Imagination wirksam.

Dem Verlust der empirischen Realität steht der Gewinn der verbalen Transzendenz gegenüber, der Auflösung des nachvollziehbaren Inhalts die Darstellung seines Wesens als „Form“, seiner Mittel als Reihung und Steigerung, seines Verlangens als „Reize“ – das spitzt sich zum unauflösbaren Paradoxon zu. Die Auflösung und der Verlust der Wirklichkeit weichen der visionären Schau eines mystisch Entrückten. In der Lust des Spielens mit Formen ist aber auch die Anstrengung des Denkprozesses zu verspüren, denn in der poetischen Schöpfung wirkt noch die Zerstörung mit, das Zersprengen der biografischen Aussage mittels der Montage.

Ausländer will durch ihre Sprachparadoxien die Möglichkeiten der sprachlichen Darstellung bis an die Grenzen dessen ausloten, was überhaupt auszudrücken ist. Aufhebung aller Vielheit, aller Gegensätzlichkeit in Richtung eines als Einheit erlebten Seins – das sind Aspekte einer – wenn auch säkularisierten – mystischen Welterfahrung.

Das Überwältigende: In der Lyrik Ausländers entsteht beim Singen, Fliegen und auch Pflanzen von Wörtern die Poesie, die sich durch ihren Atem auszeichnet und mit ihm Lebendigkeit dokumentiert. „Im Königreich der Luft/ atmet die Poesie“, lauten die Anfangsverse des Gedichtes Keine Beweise. Die Luft wird von der Dichtung, die Dichtung vom Dichter ein- und ausgeatmet. Durch das Ausatmen des einen wird das Einatmen des anderen möglich. So wird Kommunikation geschaffen zwischen den Menschen, zwischen der Dichtung und der Welt.

Braun zitiert abschließend das Gedicht Mein Atem, aber auch in Mein Gedicht heißt es: „ich atme dich/ ein und aus// Die Erde atmet/ dich und mich/ aus und ein// Aus ihrem Atem geboren/ mein Gedicht“. In der ersten Strophe atmet das Ich das Gedicht ein und aus. Obwohl dieses dem Subjekt durch ein Possessivpronomen zugeordnet ist, scheint es außerhalb und unabhängig vom Ich zu existieren. In der zweiten Strophe umfasst der Atem der Erde beides – das Gedicht und das Ich. Durch die chiastische Vertauschung der Worte „ein“ „aus“ im jeweils letzten Vers der ersten und zweiten Strophe und „aus und ein“ des letzten Verses der zweiten Strophe wird ein entscheidender Unterschied zwischen dem Atem des Ich und der Erde signifikant: Das lyrische Ich atmet das Gedicht erst ein und dann aus, die Erde dagegen erst aus und dann ein. Die Auflösung für den Grund dieser Vertauschung bringt die dritte Strophe: Das Gedicht wird aus dem Atem der Erde geboren, ermöglicht dem lyrischen Ich das Atmen und dient dann auch wieder der Erde selbst als Atem. In einem solchen „Atemkreislauf“ sind Erde, Gedicht und Ich untrennbar verbunden und kommunizieren miteinander.    

 Vertreibung, Heimatlosigkeit, Unterwegssein, Fremdsein und innere wie äußere Entfremdung ist erinnertes jüdisches Schicksal. Für Rose Ausländer ist allein die Sprache die letzte verbleibende Heimat und Behausung geblieben. Und die nutzte sie in ihrer Spätlyrik, die sie selbst als Metamorphose ihrer Traumwirklichkeiten zu „Atemworten“ bezeichnete, für eine dialogische Korrespondenz zum Leser mit einem hohen Anspruch an Wahrhaftigkeit der Selbstoffenbarung. Ihr letztes lyrisches Bekenntnis – Gib auf – schrieb sie im Juni 1986: „Der Traum/ lebt/ mein Leben/ zu Ende.“

Helmut Brauns Darstellung ist ein Bekenntnis zu dieser großen Dichterin, man liest es mit tiefer Ergriffenheit; sie ist aber auch von einem Gedankenreichtum, wirft Probleme auf, die nicht nur emotional bewegen, sondern auch den mitdenkenden und gesprächsbereiten Leser erfordern.

Titelbild

Helmut Braun: Rose Ausländer. Der Steinbruch der Wörter.
Hentrich & Hentrich Verlag, Teetz 2018.
102 Seiten, 9,90 EUR.
ISBN-13: 9783955652395

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