Der weibliche Blick
Fragen von literaturkritik.de zu Paula Modersohn-Becker, Käthe Kollwitz und Ottilie W. Roederstein mit Antworten
Von Simone Frieling
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseLiteraturkritik.de (Ltk): Frau Frieling, Ihr gerade erschienenes Buch mit dem Titel „Mit den Augen einer Frau. Paula Modersohn-Becker, Käthe Kollwitz und Ottilie W. Roederstein“ über drei Künstlerinnen des 19. und 20 Jahrhunderts beginnt mit einer Beschreibung der allgemeinen Situation, in der sich Frauen befanden, die nur einen Wunsch hatten: Malerinnen zu werden. Konnten Frauen diesen Wunsch einfach verwirklichen?
SF: Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war es für junge Frauen nicht leicht, die Laufbahn einer Künstlerin einzuschlagen. Denn im Bürgertum herrschte die Vorstellung, dass sie nicht geeignet seien, als freie Künstlerinnen Großes hervorzubringen. Ja man traute ihnen nicht einmal zu, dass sie in diesem Beruf zum Lebensunterhalt ihrer Familien etwas beitragen könnten. Deshalb wurde es auch als selbstverständlich angesehen, dass ihnen noch immer der Zutritt zu Kunstakademien, an denen Männer ihre Ausbildung seit dem 16. Jahrhundert erhielten, verwehrt war.
Ltk: Aber was machten die Frauen, die sich von ihrem Berufswunsch nicht abbringen ließen? Denn es hat ja schon in der Antike Malerinnen gegeben?
SF: Wenn eine Frau sich weder durch die Familie noch durch die Zeitumstände beirren ließ, dann versuchte sie, durch Privatunterricht bei einem Künstler oder in einer Damenakademie eine Ausbildung zu erhalten. Dafür musste sie aber aus einem begüterten Elternhaus stammen und zumindest das Einverständnis ihres Vaters, des Haushaltsvorstands, haben. Die Privatausbildung war teuer, wie die Bildhauerin Clara Westhoff, die spätere Frau Rainer Maria Rilkes, ihren Eltern in einem Brief vorrechnete. Der Besuch der privaten Malschule von Friedrich Fehr in München kostete sie, so berichtete sie, monatlich „30.- Mark“, für den Abendkurs im Aktzeichnen musste sie zusätzlich „12.- Mark“ bezahlen, „macht 42.- Mark, und dann noch Anatomie, das ist doch haarsträubend. Aber man muß nur bedenken, wie billig die Herren studieren, dann kriegt man doch ‘ne Wut.“
Tatsächlich war die Jahresgebühr der staatlichen Kunstakademien für Männer etwa so hoch wie die Gebühren, die in privaten Akademien in einem Monat durch verschiedene Kursbelegung zusammenkamen, in denen oft zweitklassige Lehrer unterrichteten.
Ltk: Wurde der Berufswunsch der Töchter von den Eltern nur aus finanziellen Gründen abgelehnt oder gab es noch andere Gesichtspunkte?
SF: Es gab auch moralische Bedenken: Die Töchter gerieten aus dem Blickfeld der Eltern, da Damenakademien mit gutem Ruf nur in großen Städten oder gar im Ausland zu finden waren. Dazu kamen die Vorbehalte in den Familien gegenüber der Aktmalerei, die seit Ende des 19. Jahrhunderts angeboten wurde.
Ein Leserbrief im Badischen Landesboten aus dem Jahr 1891 zeigt sich über den fortschrittlichen Lehrplan der „Malerinnenschule“ in Karlsruhe empört, weil er „Figürliche Aktstudien“ aufführt. „Wir trauten unseren Augen kaum, als wir das lasen, denn unter Aktstudien versteht man solche nach dem nackten Körper. Ist es nicht im höchsten Grade unpassend und muß es nicht demoralisierend wirken, wenn junge Damen nach dem lebenden nackten Modell zeichnen, besonders wenn dasselbe ein männliches ist, wie solches in letzter Zeit eingeführt ist?“
Ltk: Wie stellten sich denn die Familien der drei von Ihnen porträtierten Frauen zu der künstlerischen Ausbildung ihrer Töchter?
SF: Ottilie W. Roederstein, Käthe Kollwitz und Paula Modersohn-Becker waren musisch begabte Mädchen, die in ihrer Jugend den Zeichenstift nicht aus der Hand legen konnten. Diese Tätigkeit wurde in den drei bildungsbürgerlichen Familien gefördert. Dem Ansinnen aber, sie zum Beruf zu machen, stand nur der Vater von Käthe positiv gegenüber, die Familie von Paula hatte immer wieder Zweifel an der künstlerischen Begabung der Tochter und die Mutter von Ottilie glaubte sogar, deren Schaffensdrang mäßigen zu müssen: „Was ich dir längst schon sagen wollte, Kind, mit deinen Malstudien, das übertreib mal nicht. Man könnte ja sonst wirklich meinen, du wolltest dir einen Beruf daraus machen.“
Ltk: Aber die Töchter setzten sich am Ende doch durch, keine hat mit der Familie gebrochen und umgekehrt hat keine die Tochter verstoßen.
SF: Nach den Auseinandersetzungen in den Familien, den „heftigen Kämpfen“, wie Roederstein in einem autobiographischen Text schreibt, besonders mit den Müttern, die sich für ihre Töchter eine andere Zukunft wünschten, lenkten erstaunlicher Weise die Väter ein und unterstützten ihre Töchter nicht nur finanziell. Denn sie waren entwaffnet von der Willensstärke und der Unbedingtheit, mit der die Töchter ihren Berufswunsch durchzusetzen vermochten.
Ltk: Konnten denn die drei Familien die private Ausbildung finanzieren?
SF: Für den wohlhabenden Kaufmann Reinhard Roederstein war es kein Problem, das Geld für die Ausbildung seiner Tochter Ottilie, die 1859 in Zürich geboren wurde, aufzubringen, aber es war keine Selbstverständlichkeit. Ebenso verhielt es sich bei Käthe Kollwitz, die 1867 in Königsberg zur Welt kam. Allein von Paula Modersohn-Becker, 1876 in Dresden geboren, wurde verlangt, vor der Ausbildung zur Malerin einen ‚Brotberuf‘ zu erlernen, da kein Geld da war, sie über Jahre hin zu unterstützen.
Ltk: Konnten sich die jungen Frauen denn während des Studiums frei entfalten, ohne sich ständig rechtfertigen zu müssen für ihren Sonderweg, den sie eingeschlagen hatten?
SF: Gleichgültig, wie wohlhabend das Elternhaus war, standen die Töchter während der künstlerischen Ausbildung stärker unter Beobachtung als ihre Brüder. Der Druck, sichtbare Fortschritte zu machen, war für die angehenden Künstlerinnen nicht leicht auszuhalten. Ottilie W. Roederstein reagierte auf ihn am professionellsten. Ihr Selbstverständnis als Malerin war von Anfang an, größtmögliche persönliche und finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen, um vom Urteil besonders der Mutter nicht abhängig zu sein. Als sie sich im Sommer 1885 in die Münchner Medizinstudentin Elisabeth Winterhalter verliebte, war diese Unabhängigkeit eine Voraussetzung dafür, um in Zukunft als geachtete Bürgerin ein unauffälliges Leben in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung führen zu können. Und da Roederstein geschäftstüchtig war, präsentierte sie sich schon am Ende ihrer Ausbildung dem Publikum als Auftragsmalerin. Sie verkaufte früh und regelmäßig ihre Bilder auf dem schweizer, dem französischen und deutschen Kunstmarkt. Sie wurde die gefragteste Porträtistin ihrer Zeit und eine wohlhabende Bürgerin.
Ltk: Bis heute sind nur sehr wenige Künstler, etwa drei bis fünf Prozent, in der Lage, von ihrer Arbeit leben zu können. Wie erging es denn Kollwitz und Modersohn-Becker?
SF: Käthe Kollwitz, die mit dreiundzwanzig Jahren heiratete, hatte das Glück, von ihrem Mann als Künstlerin geschätzt zu werden. So konnte sie als Ehefrau und Mutter weiter in ihrem Beruf arbeiten, finanziell abgesichert durch ihn, der als Arzt dreißig Jahre lang, bis zu Hitlers Machtergreifung, ein gutes Auskommen hatte. Ihr war es zu keiner Zeit möglich, sich als Auftragsmalerin anzubieten, ihre Malerei war alles andere als gefällig. Kollwitz folgte ihrem Gewissen: Sie stellte das menschliche Leid in den Mittelpunkt ihres Werkes. Der Tod, für sie eine Lebensrealität, beherrschte ihr Werk. Die Modernität in der Ausführung ihrer Themen war einzigartig. Ihre Werke entsprachen nicht dem Publikumsgeschmack, so blieben ihre Verkäufe spärlich. Erst als ihr 1928 die Preußische Akademie der Künste die Leitung des Meisterateliers für Grafik übertrug, hatte sie ein regelmäßiges Einkommen.
Ltk: Und wie finanzierte sich Paula Modersohn-Becker, der ja durch ihren frühen Tod mit 31 Jahren nur wenig Schaffenszeit blieb?
SF: Paula Modersohn-Beckers Selbstverständnis als Malerin war dem von Kollwitz ähnlich: Sie suchte größtmögliche künstlerische Unabhängigkeit in ihrem Werk zu erreichen, ihr ging es immer um existenziellen Ausdruck. Niemals hatte sie einen Markt oder ein Publikum im Blick; der Gedanke, mit ihren Bildern Geld zu verdienen, war ihr fremd. Paula Modersohn-Becker ist als Künstlerin am weitesten gegangen, sie ist die modernste der drei Frauen. Aber sie hat für ihre Eigenständigkeit einen hohen Preis gezahlt: Aus unglücklicher Ehe geflohen, ist sie doch zurückgekehrt zu ihrem Mann, von dem sie finanziell abhängig war.
Ltk: Alle drei Künstlerinnen haben in ihrer Schaffenszeit auffällig viele Selbstbildnisse oder „Selbstbilder“, wie Käthe Kollwitz sie nannte, von sich angefertigt. Aus welchem Grund beschäftigten sie sich so intensiv mit dem eigenen Gesicht?
SF: Kollwitz hat über hundert, Roederstein etwa fünfundachtzig und Modersohn-Becker in ihrem kurzen Leben sechzig Selbstbildnisse angefertigt. Das ist eine Häufung, die es bei männlichen Kollegen selten gibt. Keine Rolle spielte dabei, dass für die Malerinnen der Blick in den Spiegel ohne Kosten und großen Aufwand zu bewerkstelligen war. Den drei Frauen ging es um etwas völlig anderes. Der ältesten, Roederstein, die noch stark in der Malerei des 19. Jahrhunderts beheimatet war, gelang in ihren Selbstbildnissen der Sprung in die Moderne: Sie hob die bis dahin spezifischen Merkmale der Weiblichkeit auf. Sie spielte mit einer männlichen Identität, der sie sich sichtbar anverwandelte.
Kollwitz, die aus einem evangelisch-freichristlichen Elternhaus stammte, unterzog sich täglich einer ausgeprägten Gewissensprüfung; sie litt das ganze Leben lang unter Selbstzweifeln. Sich immer wieder zu ergründen, den Ausdruck der Gesichtszüge abzuschreiten, war damit eng verbunden. Sie bleibt eine realistische Malerin, ihr dargestelltes Gesicht ist sofort zu erkennen, auch ihre Gemütsverfassung kann man darin ablesen.
Modersohn-Becker ging es nie um Ähnlichkeiten, sie wollte mit ihrem Gesicht das Gefühl herausarbeiten, das für sie den größten Wahrheitsgehalt ihrer Persönlichkeit hatte. So konnten verschiedene Gesichter entstehen, die scheinbar verschiedenen Personen angehören. Eine leichte Verfremdung durch Linien und Farben geschah, die auf vollkommene innere Übereinstimmung zulaufen sollte.
Ltk: Paula Modersohn-Becker malte sich oft mit entblößtem Oberkörper oder sogar ganz nackt. Spielte die Sexualität der Frauen oder ihre sexuelle Orientierung eine Rolle in dem Selbstverständnis der drei Künstlerinnen?
SF: Kollwitz äußerte sich am freiesten über Sexualität, und nicht nur in ihrem Tagebuch, von dem sie nicht wusste, dass es einmal veröffentlicht werden würde. Auch in ihren Erinnerungen (1932), deren Veröffentlichung sie wünschte, reflektierte sie über Künstlertum und sexuelle Identität und kam zu ähnlichen Schlüssen wie die amerikanische Dichterin Sylvia Plath vierzig Jahre später: „Rückblickend auf mein Leben muß ich zu diesem Thema noch dazufügen, daß, wenn auch die Hinneigung zum männlichen Geschlecht die vorherrschende war, ich doch wiederholt auch eine Hinneigung zu meinem eigenen Geschlecht empfunden habe, die ich mir meist erst später richtig zu deuten verstand. Ich glaube auch, daß Bisexualität für künstlerisches Tun fast notwendige Grundlage ist, daß jedenfalls der Einschlag meiner Arbeit förderlich war.“
Von Roederstein gibt es keine entsprechende Aussage, obwohl sie fünfzig Jahre lang eine Partnerschaft mit einer Frau führte. Schriftlich war Roederstein sehr diskret, niemals hätte sie intime Gefühle anderen gegenüber geäußert. Modersohn-Becker hatte als einzige von den Dreien literarisches Talent, sie schrieb viele Briefe und ausführlich Tagebuch. Viele ihrer Texte sind poetisch, befassen sich mit Naturstimmungen und Farben. Die meisten Selbstreflexionen sind mit ihrer Arbeit verbunden. Die Alltagsrealität wird nur beschrieben, wenn sie unmittelbar mit ihrem Fortkommen als Malerin zu tun hatte.
Ltk: In ihren Selbstbildnissen unterscheiden sich die drei Künstlerinnen aber radikal in der Darstellung ihrer Weiblichkeit.
SF: Ja, alle drei Frauen überschreiten die konventionellen Schranken ihrer Zeit, sogar die Salonmalerin Roederstein. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Gesicht ist ein komplexer Vorgang, der diese erstaunlichen Resultate möglich macht. Nicht eines gleitet ab in die Genremalerei oder stellt sich selbst nur zur Schau. Alle sind auf unterschiedliche Art ernsthaft und der innere Prozess, aus dem heraus sie entstanden, ist nicht immer gleich sichtbar und zu deuten.
Roederstein zeigt sich der Welt männlich distanziert und grimmig: als eine Frau, die sich durchsetzen würde – und das tat sie. Kollwitz stellt sich in ihrer kühnsten Arbeit „Frau mit totem Kind“ als animalisches Wesen dar, in bedingungslosem Schmerz über den Körper des toten Kindes gebeugt. Modersohn-Beckers Selbstakte, die sie so berühmt gemacht haben, sind aus der privaten Spannung heraus entstanden, der sie in ihrer Ehe unterworfen war. Auf die Verneinung ihrer Weiblichkeit durch ihren Mann folgte der Impuls, sich selbst nackt als vitale, fruchtbare Frau und Malerin zu zeigen, als lebendige Schöpferin.
Ltk: Wie veränderten sich die Bildinhalte durch das, was Sie den „weiblichen Blick“ nennen?
Modersohn-Becker, Kollwitz und Roederstein gehörten der ersten Generation von Malerinnen an, die professionell ausgebildet waren und auf den Kunstmarkt drängten. Da sie bald viele waren, veränderten sie nicht nur den Kunstmarkt, sondern auch die Bildinhalte und die Behandlung der Stoffe. Sie brachten den weiblichen Blick in die Malerei und die Bildhauerei. Aktbilder verloren durch das Auge der Frauen den pornografischen Zug, Kinderporträts das bloß Repräsentative, Stillleben das oft Unnahbare der Perfektion; unverstellt trat jetzt die Alltagswelt der Frau in den Vordergrund.
Ltk: Nahmen die drei Frauen neben ihrem besessenen Ringen um höchsten künstlerischen Ausdruck die Politik wahr?
SF: Für Roederstein war sie ein wichtiges Element in ihrem Leben, für Kollwitz ein zentrales, auch wenn sie keiner Partei angehörte. Die Darstellung von Karl Liebknecht auf dem Totenbett, der umringt wird von trauernden Arbeitern, hat ihr viel Kritik eingebracht; die Arbeiten zeigen deutlich, auf welcher Seite sie stand. Für Modersohn-Becker spielte Politik keine Rolle, sie weigerte sich sogar, Zeitung zu lesen.
Ltk: Ein Schwerpunkt Ihres Buches ist es, dem nachzugehen, wie es den Künstlerinnen oder ihrem Werk nach 1933 erging.
SF: Die Nationalsozialisten unterzogen die Werke aller drei Künstlerinnen einer ideologischen Prüfung. Das von Paula Modersohn-Becker brandmarkten sie posthum als ‚entartet‘, es verschwand aus öffentlichen Sammlungen wie der Kunsthalle Bremen und dem Städel Museum in Frankfurt. Ein Teil ihrer Gemälde wurde ins Ausland verkauft, von den unverkäuflichen wurden etliche vernichtet.
Gleich zu Anfang des Jahres 1933 zwang das Hitler-Regime Käthe Kollwitz, die Preußische Akademie der Künste zu verlassen, nachdem sie den „Dringenden Appell“ zum Zusammenschluss der Linken Parteien bei den letzten freien Wahlen am 5. März 1933 unterschrieben hatte. Ihre Plastiken wurden als entartet eingestuft und sie erhielt Berufsverbot. In ihren letzten zehn Lebensjahren erlitt Kollwitz das, was sie als Künstlerin angeprangert hatte: Armut, Ausgrenzung und Bespitzelung durch die Gestapo.
Ottilie W. Roederstein, deren Leben in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung nicht auffiel, erlebte keine Sanktionen durch die Nationalsozialisten, sie wurde aber nicht zur Großen Deutschen Kunstausstellung in München zugelassen, weil sie viele jüdische Freunde besaß, von denen sie einige porträtiert hatte. Roedersteins letzte Lebensjahre in Hofheim am Taunus waren überschattet von Angst und Verunsicherung durch die sich radikal verändernde Gesellschaft im NS-Staat.
Ltk: Eine letzte Frage: Wie werden die Künstlerinnen heute wahrgenommen und welche Wertschätzung wird ihren Werken entgegengebracht?
SF: Ottilie W. Roederstein, deren Werk nach dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang unbeachtet in den Magazinen der Museen stand, erfährt gerade eine Wiederentdeckung, vor allem ihre Porträtmalerei.
Das Werk von Käthe Kollwitz hat bis heute nichts an Aktualität verloren. In seinem Mittelpunkt stehen universelle Themen wie Unterdrückung, Armut, Krieg und Liebe. In ihren Zeichnungen, Graphiken und Skulpturen setzte sie sich fortwährend mit den politischen und sozialen Umbrüchen ihrer Zeit auseinander. Sie wurde Zeugin der Not der Arbeiter im deutschen Kaiserreich, der Gewalt im Ersten Weltkrieg, der Zerrissenheit der Gesellschaft in der Weimarer Republik und der Diktatur im Nationalsozialismus.
Paula Modersohn-Becker hat das Experimentelle in die weibliche Kunst gebracht, das für Künstlerinnen und Künstler der Moderne von zentraler Bedeutung ist. Ihre Selbstbildnisse und Selbstakte zeugen von Selbstbestimmung und Selbstbehauptung, die nachkommenden Generationen zum Vorbild geworden sind.
Literaturangaben
Zu Ottilie Roederstein
Barbara Rök: Ottilie W. Roederstein (1859–1937). Eine Künstlerin zwischen Tradition und Moderne. Marburg, Jonas Verlag, 1999.
Sandra Gianfreda, Alexander Eiling, Eva-Maria Höllerer (Hrsg.): frei. schaffend. – Die Malerin Ottilie W. Roederstein. Berlin, Hatje Cantz Verlag, 2021.
Zu Käthe Kollwitz
Käthe Kollwitz: Die Tagebücher. Hrsg. von Jutta Bohnke-Kollwitz. Berlin, Siedler Verlag, 1989.
Hannelore Fischer (Hrsg.): Käthe Kollwitz. Der Werküberblick 1888–1942, deutsch/englisch. München, Hirmer Verlag, 2022.
Ulrich Luckhardt (Hrsg.): Käthe Kollwitz. Realität & Emotion. Ausst. Kat. Kunstforum Ingelheim – Altes Rathaus,
Ingelheim, 2021.
Zu Paula Modersohn-Becker
Antje Modersohn, Wolfgang Werner (Hrsg.): Paula Modersohn-Becker und Otto Modersohn, der Briefwechsel. Berlin, Insel Verlag, 2017.
Sophie Dorothee Gallwitz: Briefe und Tagebuchblätter von Paula Modersohn-Becker. München, Kurt Wolff Verlag, 1925.
Gustav Pauli: Paula Modersohn-Becker. Leipzig, Kurt Wolff Verlag, 1919.
Liselotte von Reinken: Paula Modersohn-Becker mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1983.
Verena Borgmann, Frank Laukötter, Renate Berger (Hrsg.): Sie. Selbst. Nackt. Paula Modersohn-Becker und andere Künstlerinnen im Selbstakt.Ostfildern, Hatje Cantz Verlag, 2013.
Für das ganze Buch
Peter-Klaus Schuster (Hrsg.): Nationalsozialismus und ,Entartete Kunst‘. Die ,Kunststadt‘ München 1937. München, Prestel, 1987.
Anne-Kathrin Herber: Frauen an deutschen Kunstakademien im 20. Jahrhundert. Ausbildungsmöglichkeiten für Künstlerinnen ab 1919 unter besonderer Berücksichtigung der süddeutschen Kunstakademien. Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg, 2009.
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