Das Ekzem und der Öltanker

Julia Schochs Roman "Verabredungen mit Mattok"

Von Peter MohrRSS-Newsfeed neuer Artikel von Peter Mohr

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Protagonistin Claire Elling, die sich zur Kur an der Ostsee aufhält, bekommt von den behandelnden Ärzten die schreckliche Diagnose, dass ihre Ekzeme an der rechten Hand unheilbar sind. Die junge Frau kann sich dagegen einigermaßen schützen, lässt das scheußlich aussehende Körperteil fortan in einem Baumwollhandschuh verschwinden.

Die 30-jährige Schriftstellerin Julia Schoch, die vor drei Jahren für ihren mehrfach preisgekrönten Debütband "Der Körper des Salamanders" hoch gelobt wurde, lässt in ihrem Romanerstling (in Wahrheit ist es nur eine längere Erzählung) privates und gesellschaftliches Unglück aufeinander prallen. Während sich Claire mit der Hiobsbotschaft einigermaßen arrangieren kann, ereignet sich vor der Pommerschen Küste eine Katastrophe, der die Natur schutzlos ausgeliefert ist - ein Öltanker bricht auseinander.

Die Autorin stellt ein Szenario nach, wie es uns aus den TV-Bildern von der Katastrophe an der portugiesisch-spanischen Atlantikküste noch präsent ist. Viele professionelle und freiwillige Helfer tummeln sich an der ölverseuchten Küste, bergen tote Seevögel vor laufenden Fernsehkameras. Dem Tourismus und der Fischerei - zwei ökonomische Standbeine der Region - droht unabsehbarer Schaden.

Mittendrin tummelt sich die neurodermitisgeschädigte Claire mit ihrer Zufallsbekanntschaft Mattok. Zwei Nonkonformisten, die der hektischen Chaosbewältigung mit einer gehörigen Portion Skepsis begegnen.

Die junge Frau und ihr krimineller Begleiter gehören nicht dazu, sie sind Beobachter der Szenerie, zufällig am Ort des Geschehens, aber irgendwie doch angesteckt von der Unruhe und Hektik. Nicht einmal eine ordentliche Romanze gestattet Julia Schoch ihrem Duo. Statt dessen schicken Claire und Mattok einen Helfer in die Untiefen des ölverseuchten Schlicks. Eine Zufallstat?

Zufälle können als tragendes Handlungsmotiv so wenig überzeugen wie die auf tönernen Füßen stehende Metapher von der Simultanität der Katastrophen. Zwischen Hautausschlag und Tankeruntergang stimmen einfach die Dimensionen nicht. "Man müßte eine Kraft haben, sich seine Geschichte selbst zu schreiben", eröffnet Claire ihrem Dauerbegleiter. Etwas mehr Kraft, etwas mehr Ausdauer und auch eine etwas ausgefeiltere literarische Taktik hätte man auch Julia Schoch gewünscht.

Titelbild

Julia Schoch: Verabredungen mit Mattok. Roman.
Piper Verlag, München 2004.
132 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-10: 349204574X

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